Einst sprach der Nebel gegen das Erdinger Moos als Standort. Um zu einer dritten Startbahn zu kommen, umnebelt heute die Flughafengesellschaft den Betrieb und ihre Finanzen.
“Völlig klar, dass wir das Geld haben” und “Rekordzahlen am Flughafen” heißt es über Artikeln im Münchner Merkur [1]. Darin wiedergegeben werden Darstellungen des Flughafenchefs Michael Kerkloh im Münchner Presseclub. Als sein zentrales Anliegen enthüllt sich der Umsatz; nicht endendes Wachstum des Luftverkehrs erachtet die Flughafengesellschaft als Gesetz und die Konkurrenz mit anderen deutschen Flughäfen betreibt ihr Chef wohl als Sport. Zum Bau einer dritten Startbahn drängt Michael Kerkloh überall wo er erscheint. Ihre Notwendigkeit begründet er in besagtem Artikel folgendermaßen:
Schon jetzt sei München in acht bis zehn Stunden dicht. Da die Fluggesellschaften diese Engpässe nur zu einem geringen Teil durch den Einsatz größerer Maschinen oder eine zeitliche Verlegung der Flüge kompensieren können, bleiben bereits heute viele mögliche Verbindungen von und nach München auf der Strecke, sagte Kerkloh. Welche Airlines deshalb abgewunken haben, wollte er nicht verraten. Der Airportchef ließ aber durchblicken, dass der FMG neben einigen Frequenzerhöhungen noch weitere Ziele in Großbritannien, Skandinavien oder im gesamten südamerikanischen und asiatischen Bereich durch die Lappen gegangen sind.
Am 19. November 2011 hingegen hatte die Flughafen München Gesellschaft (FMG) auf Seite 3 des Münchner Merkur folgende, sechs Zentimeter hohe Anzeige geschaltet:
Rostow am Don, Kischinev, Lemberg, Tallin, Woronesch.
HIER WAR IHR NACHBAR GARANTIERT NOCH NICHT.
Nonstop ab MUC nach Osteuropa und Russland: wwww.munich-airport.de/flugplan
Nichts gegen diese Orte in Osteuropa. Doch wenn der Fall ist, dass aufgrund von Pistennot gewisse Ziele nicht angeflogen werden können, läßt staunen, dass solch wenig bekannte Orte im Flugplan immerhin schon berücksichtigt sind. Warum eigentlich braucht es für diese Verbindungen Werbung [2] mit einer bodenlos dummen Aussage?
Am 27.7.2011 war in der Sendung Tagesgespräch [3] auf Bayern 2 der Leiter der Unternehmenskommunikation der Flughafen München GmbH, Hans-Joachim Bues Studiogast. Von einer Anruferin, die erklärte, dass sie keine Notwendigkeit für einen innerdeutschen Flugverkehr sehe, wurde er gefragt, welchen Anteil solche Verbindungen bei der Auslastung des Münchner Flughafens hätten.
Also ich habe nicht die genaue Zahl, aber wir haben um die 17 innerdeutsche Verbindungen, das ist also ein verschwindend geringer Anteil im Vergleich zu den 220 Zielen insgesamt, die wir weltweit haben. Wir als Betreiber wären sehr daran interessiert, dass man Luftverkehr auf die Schiene verlegt. Dazu gehörte eine vernünftige Schienenanbindung der Flughäfen. Wir alle wissen: Der Flughafen München hat das nicht [4].
An die Vorstellung der Jahresbilanz 2010 der Flughafen München Gesellschaft anknüpfend veröffentlichte die Zeitschrift Flugrevue [5] Zahlen zum Fluggastaufkommen. Für das Jahr 2010 seien insgesamt 35 Millionen Passagiere zu verzeichnen gewesen, davon 9,3 Millionen im innerdeutschen Verkehr. Dieser hat damit einen Anteil von über 25 Prozent, Wer ein Viertel als "verschwindend gering" bezeichnet, will so vermutlich einen ökologisch richtigen, aber kommerziell den eigenen Interessen entgegenstehenden Lösungsansatz vom Tisch wischen.
Von 1,2 Milliarden Euro an Darlehen, die die Flughafengesellschaft von Bund, Freistaat Bayern und Landeshauptstadt München bekommen hat, steht die Rückzahlung von knapp einer halben Milliarde Euro aus. Darauf im Interview [6] angesprochen, erklärte der Bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon: "Das hat nichts mit der dritten Startbahn zu tun."
Die Flughafengesellschaft erzielte in den letzten Jahren Gewinne in der Größenordnung von 100 Millionen [5]. Getilgt hätte sie ihre alten Schuldern damit in etwa fünf Jahren. “Völlig klar” ist demnach allenfalls, dass Michael Kerkloh eine Suche nach privaten Geldgebern nicht vor 2015 anzufangen bräuchte. Hoffnung, welche zu finden, kann die Flughafengesellschaft als ein Unternehmen, hinter dem die öffentliche Gebietskörperschaften stehen, natürlich darin gründen, dass jeder Investor an den Steuerzahler als letzte Sicherheit denken wird.[7]
Die Spitze der Münchner SPD und ihr Oberbürgermeister Christian Ude erklären im Gegensatz zur Landes-SPD einen Ausbau des Flughafens zur Notwendigkeit und produzieren dabei den Anschein, als ebneten sie damit nur einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung des Flughafens den Weg. Auf Fragen um Ausfall-Bürgschaften und zum aktuellen Schuldenstand der Flughafengesellschaft geht man allerdings nicht ein.
Michael Kerklohs “Völlig klar, dass wir das Geld haben” ist die Form von Nebel, die im Erdinger Moos seit dessen Trockenlegung gedeiht.
Anmerkungen und Quellenverweise