19.03.2021
Christian Lindner am 21.03.2021 auf abgeordnetenwatch.de
[...] Die verpflichtende Speicherung der Fingerabdrücke halten wir Freien Demokraten für unverhältnismäßig. Die immer weiter ausufernde Datensammlung des Staates öffnet Tür und Tor für weitere Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden. Das Sichern von Endgeräten mit Hilfe des Fingerabdrucks ist heute bereits Standard. Sollte der Fingerabdruck, etwa durch Verlust oder Diebstahl des Personalausweises, nun in die falschen Hände geraten, würde das ein großes Sicherheitsrisiko nach sich ziehen. Denn im Gegensatz zum klassischen Passwort ließe sich der Fingerabdruck nicht einfach mal ändern. Zwar teilen wir das grundsätzliche Anliegen, die Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen zu erhöhen und insbesondere die Gefahren des sogenannten "Morphing" zu reduzieren. Dennoch haben wir auch aus den oben genannten Gründen den Gesetzesentwurf abgelehnt. [...]
Frage und Antwort [1] komplett auf abgeordnetenwatch.de
21.12.2021
Klage gegen die Fingerabdruckpflicht
Weil er sich nicht wie ein Verdächtiger behandeln lassen will, beantragte Detlev Sieber, früherer Bürgermeister der hessischen Gemeinde Schlangenbad, einen Personalausweis ohne Fingerabdrücke, was das zuständige Amt ablehnte. Dagegen legte er vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage ein.
Fingerabdrücke abgeben müssen fühlt sich für mich so an, wie als Tatverdächtiger für ein Verbrechen behandelt zu werden", sagt Sieber. Das entspreche nicht seinem Verständnis, "wie unser Rechtsstaat arbeiten sollte.
07.01.2023
Verräterische Daten - ein ARD-Radiofeature über die
Gefahr, wenn biometrische Daten in falsche Hände gelangen
In Deutschland und auf der ganzen Welt setzen Sicherheitsbehörden auf Gesichtsbilder, Fingerabdrücke und Iris-Scans, denn mit ihnen lassen sich Verdächtige und Täter zweifelsfrei identifizieren. Europa hat große Pläne in diesem Bereich: Die EU sammelt und speichert bereits biometrische Informationen von Millionen Menschen. In Zukunft sollen diese Daten miteinander verknüpft werden. Damit hätten Behörden europaweit Zugriff darauf. Kritiker sehen eine Gefahr, die andernorts bereits Realität ist. Rebecca Ciesielski und Maximilian Zierer begleiteten einen IT-Sicherheitsexperten, der auf Fälle unverantwortlichen Umgangs mit solchen Daten gestoßen war. 'Unverantwortlich' - denn nach politischen Umstürzen oder einer Niederlage im Krieg beschert er akute Lebensgefahr.
Näheres [3] zur Sendung und Audiodatei [4] in der BR-Mediathek
14.04.2023
Schreiben der
Gemeindeverwaltung. Darin die Aufforderung, einen neuen
Personalausweis zu beantragen. Am Ende heißt es darin, man stehe für
Rückfragen zur Verfügung.
09.07.2023
Rückfrage, ob eine Verwaltungskraft mir zur Anfertigung der Abdrücke die Finger führen wolle und dieser Vorgang so dokumentiert werden könne.
15.10.2023
Schreiben der Gemeindeverwaltung ohne Antwort auf
meine Frage. Stattdessen wird ankündigt, beim Landratsamt ein
Bußgeldverfahren einzuleiten.
[...] In Deutschland sehe ich das unkritischer. Hier haben wir, eine zu allergrößten Teilen, korruptionsfreie Strafverfolgung. Es gibt keine politischen Gefangenen und man wird nur verhaftet und verurteilt, wenn man tatsächlich gegen geltende Gesetze verstoßen hat. (Da ist die Unschuldsvermutung ein maßgeblicher Beitrag). Hier wäre es also ein gutes Mittel zur effektiveren Strafverfolgung. Ob die Privatsphäre da irgendwie eingeschränkt wird, glaube ich nicht. Dafür ist der Einzelne viel zu unwichtig, um extra einen Beamten in seinem Keller auf die Nachverfolgung von allen zurückgelassenen Fingerabdrücken anzusetzten.
Ich finde nicht, dass die Menge effektiv schützt. Wenn sich durch technische Filterung bei Routinekontrollen die Träger unerwünschten Verhaltens einfach und effektiv ausfindig machen lassen und an ihnen Exempel statuiert werden, bewegt sich auch die Masse rasch in eine gewisse Richtung. Sie zensiert sich dann selbst und verabschiedet sich freiwillig von Freiheiten.
Auf Wikipedia [5] wird dies als "Chilling effect" beschrieben - von "to chill" für "abkühlen" oder "verschrecken". Versuche ließen sogar schließen, dass der sich durch die eigene Beschränkung aufbauende Druck innerhalb von Gruppen weitergegeben wird, also Menschen gegenüber anderen tendenziell agressiv werden.
[...] Und durch die Nutzung von Payback, Facebook oder Google hat man sich eh schon zum gläsernen Menschen gemacht. Da ist aber auch das Individuum unwichtig und es werden nur Daten gesammelt.
Ein Beispiel für die Irrationalität der Masse: Inzwischen gibt es bei Ebay keine Bezahloption mehr, die für mich passt. Deswegen bat ich bei meinen jüngsten Käufen die Verkäufer, mir ihre Kontonummer zu nennen, damit ich ihre Ware durch Überweisung im Voraus bezahlen kann. Deren Einverständnis war nicht mehr sicher! Offenbar fürchten nicht wenige, wer ihre IBAN habe, wird ihnen im zweiten Zug per Lastschriftverfahren ins Konto greifen. Daher wollen nun auch viele ihre Kontonummer schützen. So geht vom Zahlungsverkehr ein immer größerer Teil von Banken auf Zahlungsdienstleister über. Mit deren abstrakten Geschäftsbedingungen wiederum geben sich die wenigsten ab und die Transaktionskosten für das ganze bleiben unbeachtet, weil sie generell den Verkäufer belasten, der sie allerdings durchaus in seiner Kalkulation berücksichtigen wird.
18.10.2023
Mail an die Gemeindeverwaltung mit Hinweis auf die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Hamburg (siehe Pressemitteilung [6] Digitalcourage e.V.).
Ich frage mich aber inzwischen, ob dieses Instrument nicht doch sinnvoll und akzeptabel ist, um eine verlässlichere Identifikation im internationalen Reiseverkehr und ggf. auch im Inland zu erreichen. Dass das erst voll wirksam wird, wenn es über eine zentrale Datenbank läuft, ist klar. Und dass diese kommen wird, halte ich für sehr realistisch.
Vorab: Laut Digitalcourage e.V. [7] kommen die abgenommenen Fingerabdrücke bloß auf den Chip des Personalausweises. Damit helfen sie nicht gegen Versuche einer Person, sich mehrere Identitäten anzueignen und dies kriminell oder betrügerisch auszunutzen.
An der weiter gehenden Zielsetzung einer verlässlicheren Identifikation trennen sich wohl unsere Haltungen. Ich beobachte, dass immer mehr Einschränkungen wirksam werden, immer mehr Kontrollen sollen erfolgen. Werden nicht immer mehr Merkmale einfach für Kontrollen herangezogen, weil die Digitalisierung es möglich macht? Leben wir wirklich in immer gefährlicheren Zeiten? Die Zahlen sagen meines Wissens anderes. In die andere Richtung, also dass Einschränkungen und Kontrollen zurückgenommen werden, geht es seltenst.
Im Januar stieß ich auf Friedemann Karigs exzellenten Essay "Befallen vom Überwachungsvirus" [8] . Verfasst wurde er 2015. Das war eines der schweren Jahre, in welchen ein "Islamischer Staat" samt Unterstützern mit Erfolg ihr Rezept "Macht und Aufmerksamkeit durch Blut und Terror" anwendete. Und es war fünf Jahre vor einer Pandemie, die jeden etwas über Viren und Ansteckungsketten gelehrt haben sollte.
02.11.2023
Durch Gespräche mit Kollegen und Nachfrage beim
persönlichen Erscheinen im Bürgerbüro erfahre ich, dass es keine
Vorschrift gibt, derzufolge eine Kommune ihre Bürger wegen eines
abgelaufenen Ausweises anzuschreiben hätte. Somit besteht auch
kein Grund für Erinnerungen und Mahnungen. Ein Nein als Antwort auf die Frage, ob die
Gemeinde irgendeine der von mir gestellten Fragen beantworten werde,
ergibt sich aus der Aussage, das Bürgerbüro habe meinen
Fall nun dem Landratsamt Freising übergeben.
19.12.2023
Unter Berufung auf die Anordnung des
Verwaltungsgerichts Hamburg beantrage auch ich die Ausstellung eines
Personalausweise ohne Fingerabdrücke.
11.01.2024
Mail mit Fragen an die Leiterin des Bürgerbüros
15.01.2024
Schreiben des Landratsamtes Freising, darin der
Vorwurf einer Ordungswidrigkeit mit Anhörungsbogen als Anlage. Er sei
bis zum 05.02.2024 auszufüllen.
17.01.2024
Im Feld "Angaben zur Sache" des Anhörungsbogens setze
ich im Feld "Wird der Verstoß zugegeben" ein Kreuz bei "Nein" und
schreibe "Ich verweise auf mein Schreiben an das Landratsamt
Freising. Datum 19.12.2023, Betreff: Beantragung eines
Personalausweises".
30.01.2024
Ich rücke zu Jahresbeginn in den Echinger Gemeinderat nach. Um dieses Mandat auszuüben, müssen Gemeinderäte bayerischer Kommunen folgenden Amtseid abzulegen:
Ich gelobe Treue dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern Ich gelobe den Gesetzen gehorsam zu sein und meine Amtspflichten gewissenhaft zur erfüllen Ich gelobe, die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren und ihren Pflichten nachzukommen.
Der Weg, den ich bis zum 19.12.2023 beschritt, rieb sich mit einem Gelöbnis für "Gehorsamkeit gegenüber den Gesetzen". Mein Ziel im Schriftverkehr mit der Echinger Meldebehörde war, der neuen Pflicht nicht zu entsprechen und zugleich ein Zeichen zu setzen, dass das zugrunde liegende Gesetz fragwürdig ist und es für mein Empfinden dem Artikel 1 des Grundgesetzes entgegensteht. Die Meldebehörde verweigerte sich jedoch der Kommunikation. Insbesondere wäre ihr zugefallen, zum Spruch des Verwaltungsgerichts Hamburg Stellung zu beziehen. Aufgrund dieser Umstände drängte es mich, der Vereidigung eine Erklärung voranzustellen und ich wandte mich in einer Mail folgenden Wortlautes an den Bürgermeister:
Date: Tue, 30 Jan 2024 12:10:52 +0100 From: Markus Hiereth To: Sebastian Thaler Subject: zweiminütige Erklärung Sehr geehrter Herr Thaler, ich bitte in der heutigen Gemeinderatssitzung vor der Vereidigung die untenstehende zwei Minuten beanspruchende Erklärung abgeben zu dürfen. Die Vereidigungsformel habe ich mit der Formulierung "Ich gelobe" auswendig gelernt und verzichte auf eine Verknüpfung mit einem religösen Bekenntnis. Mit freundlichen Grüßen Markus Hiereth --------------------------------------------------------------------- In der Vereidigungsformel ist vom Grundgesetz und von den Gesetzen die Rede. Daher an dieser Stelle eine Erklärung. Mit "Die Würde des Menschen ist unantastbar" beginnt das Grundgesetz. Ich gehöre noch einer Generation an, für die die Abnahme von Fingerabdrücken mit Vergehen und Kriminalität zusammenhängen. Zu den Gesetzen gehört das Personalausweisgesetz mit seiner neuen Fingerabdruckpflicht. Mein Personalausweis ist abgelaufen. Ich kann lesen, ich weiß das. Ein Akteur auf diesem Gebiet ist auch die Gemeinde, konkret "die Meldestelle", die mit "Bürgerbüro" angesprochen werden will. Mit ihr habe ich seit einiger Zeit zu tun. Was ich von ihr zu lesen bekomme, sind Schreiben mit dem Satz "Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung." Allerdings kommen auf Rückfragen nie Antworten. Dass es gar keine Vorschrift gibt, aufgrund der Gemeindebürger aufzufordern sind, einen neuen Personalausweis zu beantragen, erfährt man nur, wenn man selbst ins Rathaus geht und die Absenderin der Schreiben nach Grundlagen ihres Handelns fragt. Um zum Ende zu kommen: Ich habe im Dezember letzten Jahres einen Personalausweis ohne Fingerabdrücke beantragt. Ich berufe mich dabei auf eine Anordung des Verwaltungsgerichts Hamburg, Die Gemeindeverwaltung hat im Januar ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Bislang bleibt die Gemeindeverwaltung auf ihrem Kurs, nichts schriftlich zu erklären. Aktuell ist die Frage offen, ob der Spruch eines Hamburger Gerichts von der Verwaltung einer Gemeinde in Bayern, konkret, unserer Gemeinde Eching respektiert wird. Wer besagten Schriftverkehr nachlesen mag, kann das. Den Fraktionssprechern und Pressevertretern habe ich dazu einen Link auf einem Kärtchen gegeben. Wer sich sonst mit dem Schriftverkehr und Hintergründen befassen mag, findet eine Karte mit diesem Link am Saalausgang vor.
Dieser Bitte hat der Bürgermeister entsprochen. In der Sitzung erwiesen sich einzelne Ratsmitglieder als nicht willens, zwei Minuten zuzuhören und sich daraufhin vielleicht ein paar Gedanken zu machen.
21.03.2024
Der Europäische Gerichtshof urteilt, die Fingerabdruckpflicht sei
trotz gewisser mit ihr einhergehender Einschränkungen der
"Persönlichkeitsrechte" hinzunehmen. Allerdings hätte die
entsprechende EU-Verordnung nach einem anderen Verfahren beschlossen
werden müssen. Sie ist daher nurmehr bis zum 31.12.2026 gültig. Bis
dahin muss das Verfahren in korrekter Weise durchlaufen sein. Eine
ausführlichere Kommentierung [9] des Urteils gibt es
bei Digitalcourage e.V..
25.04.2024
Ich beantrage bei der Gmeinde Eching einen neuen Personalausweis. Dass
ich es würdeverletztend empfinde, dafür Fingerabdrücke abgeben zu
müssen, vermittelte ich, indem ich bei dieser Gelegenheit mehr als zwei
Finger frei machte.