31. Juli 2021
Hallo C. und H.,
gestern abend habe ich mir das Interview mit dem Gesundheitsökologen Clemens Arvay durchgelesen.
Zum ersten Teil, wo es um Umwelt und Krankheiten geht, habe ich noch in Unkenntnis der Darlegungen von Arvay schon in meiner Mail vom 30.7. etwas geschrieben:
Ich halte es übrigen auch für ein Öko-Märchen, dass neue Krankheitserreger die "zivilisierte Welt" geißeln, weil der Mensch tiefer in irgendwelche unberührte Gegenden eindrang. Der Mensch ist längst überall. Der Unterschied scheint mir in der Mobilität zu liegen. Es gibt kaum noch eine menschliche Siedlung, die von der Außenwelt "abgeschnitten" wäre. Wenn ein Krankheitserreger an so einem Ort den Menschen als "neuen Wirt" entdeckt hat, ist Ausbreitung im ganzen Land absehbar. Und international sind diese Erreger im dem Takt der Luftverkehrsunternehmen unterwegs. Die Dinge gehen schnell vonstatten. Die Maßnahmen laufen in der Regel hinterher, sind damit eher uneffektiv und so wird bei einigen aus Nervosität Angst und Panik.
Es ist eine Zeiterscheinung, alles darauf zuzuspitzen, der Mensch sei "unöko" und ein Feind der Natur. Richtig ist, dass er nicht versteht, sich einzufügen. [...] Er beutet nämlich Ressourcen (Erdöl, Erze,... ) aus, solange sie zur Verfügung stehen und wenn sie weg sind, fragt er sich: "Was nun?" Und das Jahrhundertproblem Klimawandel ist dasselbe von der Rückseite, nämlich die Folge der "Entsorgung" von Kohle, Erdöl, Erdgas nach der Nutzung, nämlich als Kohlendioxid in der Atmosphäre. In den Warnungen des Club of Rome aus den 1970ern ist das alles schon vorweggenommen worden. Wo wir jetzt stehen, stehen wir nicht wegen unserer Politiker, sondern weil wir getan haben was wir taten. [...]
Mein Problem mit jenen, die "Ganzheitlichkeit" für sich in Anspruch nehmen, ist, dass sie aus der Ganzheit die Teile herauspicken, die zu ihren Meinungen und Urteilen passen. Das ist keine Wissenschaft. In den Antworten des Gesundheitsökologen Arvay erkenne ich dieses Muster bei den Darlegungen zu Luftverschmutzung. Er weist auf die Luftverschmutzung im Covid-Problemgebiet Norditalien hin. Dabei dürften in den letzten Jahren die eindrucksvollsten Berichte und Bilder über die Smog aus den Metropolen zu uns gekommen sein. [...]
Ich habe bis jetzt das Glück gehabt, nie ernstlich krank gewesen zu sein und bin. Wenn was war, bin ich beim nächstbesten Arzt aufgeschlagen. Egal, welche Behandlungsrichtung das Schild am Praxiseingang versprach. So bekam ich auch einmal eine homöopathische Behandlung wegen permanenter Hals-Entzündungen. Das war in den 1970er Jahren in München. Die Halstropfen und die Inhalationen halfen. Nicht weniger bedeutend die Mittel ist wohl der Hintergrund: Ich bin sicher, dass es die damalige Stadtluft war: Autoabgase aus damals noch verbleitem Benzin, Abgase der Gebäudeheizungen, etcetera.
Jetzt pocht Arvay auf bessere Luft. Wer macht denn den Dreck, den es noch gibt? Bei industriellen Großanlagen und Gebäudeheizungen greifen Gesetze. Den Feinstaub und die Stickoxide in der Stadtluft von heute macht der PKW- und Laster-Verkehr. Am Neujahrstag kommt der Feinstaub von Böllern und vom Feuerwerk. In Günzenhausen kommt er aus den Schornsteinen von Häusern, die zwar eine Zentralheizung haben, in welchen aber dennoch minderwertiges Holz in Kaminen verkokelt wird. Im Echinger Dichterviertel kommt der Feinstaub vermutlich von der Autobahn München-Nürnberg. Stimmt diese Bestandsaufnahme? Und was soll die Politik daraus machen? Was sie tut, würde ich dahingehend zusammenfassen, dass, wer den Leuten allzu wahres sagt, bei Wahlen schlechte Aussichten hat. Mein Problem mit den Grünen ist, dass sie, um Stimmen zu bekommen, erklären, all die unangenehmen Aufgaben könnte eine Verwaltung oben erledigen und wir hier unten haben es weiterhin schön wie gewohnt.
[...] Wieder rund zwei Stunden geschrieben. Euren praktischen Umgang mit Corona wird es nicht ändern. Bestenfalls ein wenig Distanz zu dem erzeugen, was in einer "kritisch-freiheitlichen" Szene ausgetauscht und aus ihr weitergereicht wird. Dieses Interview der Zeitschrift Natur & Heilen ist jedenfalls eines, was Interviewer und Interviewtem gefallen sollte. Somit eine vertane Chance.
Viele Grüße
Markus