Radio Lora, München
Markus Hiereth
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24.12.2012

LITHIUMIONENAKKU-PRODUKTION
Präsentation der Technischen Universität München auf der Messe electrical energy storage


Audiodatei unter
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Anmoderation

Gemeinsam mit der Electronica belegte Mitte November eine zweite Ausstellung die Hallen der Münchner Messe. Eine enge Abhängigkeit besteht zwischen den Produkten, um die es in beiden Ausstellungen ging: Ohne Strom ist jedes elektronische Gerät nutzlos. So braucht jedes, das nicht am Netz betrieben wird, eine Batterie oder einen Akku. Weil diese so allgegenwärtig sind - im Mobiltelefon oder dem Notebook - meint man, die Weiterentwicklung erfolge in der Industrie. Zumal die Ziele so klingen ...

Beitrag

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Heutzutage sind die Energiespeicher gerade in der Produktion noch sehr teuer und wir als Institut forschen daran, wie man die Zelle an sich, aber auch das ganze Batteriesystem kostengünstiger produzieren kann.
Doch es ist ein Mitarbeiter der Technischen Universität München, der hier spricht: Stefan Krug vom Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften. Er urteilt ...
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Derzeit sind die Produktionsverfahren noch nicht ausgereift und für die Serie tauglich. Das heißt, Batterien werden schon produziert, aber gerade in Deutschland ist das noch ein sehr aufwendiger Prozess.
Etwas leichter fällt, dem Ingenieur zu glauben, nachdem er ausführt, wo die Akkus, an welchen er und seine Kollegen arbeiten, verwendet werden sollen:
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Im Wesentlichen geht es darum, für die Endanwendung von Batteriespeichern, das heißt, einerseits im Automobil, andererseits für Stationärspeicher, beispielsweise im Haushalt, Batteriesystem bereitzustellen.
Die dafür gebrauchten Akkus stechen zunächst durch ihre schiere Größe heraus. Sie sollen nicht ein paar Elektronen durch miniaturisierte Schaltkreise locken, sondern sie müssen Motoren antreiben oder beim Bremsen die kinetische Energie eines Autos wieder schlucken. Weil mit dem Speichervermögen Material und Größe einhergeht, tischen diese Akkus für neue Einsatzgebiete die Forderung nach kostengünstigen Einheiten auf. Denn letztlich bestehen auch sie aus vielen kleinen, batterie-ähnlichen Zellen. Damit nicht genug, referiert Stefan Krug weitere Erwartungen der Ingenieure.
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Die Anwendungen stellen ganz andere Anforderungen wie im Handy oder im Laptop. Beim Automobil ist eine hohe Zyklenfestigkeit und Langzeitstabilität extrem wichtig. Weil beim Handy akzeptiert es jeder, dass nach zwei Jahren der Akku schlechter wird. Wenn sie sich ein neues Auto kaufen, dann wollen sie, dass der Akku über mehrere Jahre, eigentlich sogar Jahrzehnte hält.
Daher packen Autohersteller zu den Hunderten von Zellen ihrer Akkus Elektronik, die erfasst, wie weit jede einzelne wirklich entladen ist. Die Steuerung schickt dann nur so lange Strom durch die Zelle, bis sie wieder voll ist. So wenig wie überschüssige Energie vertragen die Zellen hohe Temperaturen. Dabei produziert Strom nebenher immer Wärme, die umso schwerer abfließen kann, je kompakter der Akku ist. Zur Planung gehören demnach Berechnungen, die ausschließen, dass sich Hitze irgendwo staut. Unisono ist der Tenor der Experten am Stand der Technischen Universität München: Abweichungen zwischen Konstruktionsplan und dem Serienprodukt sind Gift.
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Sie müssen sich vorstellen, in so einem batteriebetriebenen Auto sind mehrere hundert Quadratmeter an Elektrodenmaterial, also das, was wirklich die Energie speichert. Die müssen sehr sorgfältig verbaut werden.
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In der Zelle sind verschiedene Folien: Kathode, Anode, Separator verbaut. Die können gewickelt oder gestapelt sein. Je besser ich den Prozess im Griff habe, desto kostengünstiger wird die Zelle von der Produktion her. Und desto leistungsfähiger. Wenn ich die nicht sauber montiere, leidet eben die Qualität der Zelle darunter.
Das In-Griff-Haben heißt beispielsweise für besagte Folien, dass diese nicht mechanisch geschnitten oder gestanzt werden, denn eine scharfe und eine stumpfe Klinge produzieren zweierlei. Stattdesssen zieht ein Laser über der Folienbahn seine Spur. Stück um Stück trennt er präzise heraus, was weiter verarbeitet werden soll. Wobei aus dem vom Laserstrahl getroffenen Material nicht Nichts wird. Auch von daher prüft vor der Weiterverarbeitung eine Infrarotkamera, ob sich auf dem Stück womöglich ein mikrometerfeines Fitzel niedergelassen hat. Am Messestand veranschaulichen auch Videos aus den Uni-Labors den Aufwand, der betrieben wird. Gefördert wird all das mit der Überlegung, dass Deutschlands Industrie diese Technologie beherrschen müsse, um in zehn oder zwanzig Jahren noch gefragt zu sein. Stefan Krug über den Begriff "Zukunftstechnologie" in Zusammenhang mit Stromspeichern.
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Ich denke, dass es eine Zeitlang noch braucht. Man war da am Anfang aus meiner Perspektive etwas euphorisch bei der Sache, an der einen oder anderen Stelle merkt man, dass [sich] ein kleiner Dämpfer breit macht. Das wird sich in den nächsten Jahren wieder einregeln. Gerade über den Zwischenweg von Hybridfahrzeugen wird die Lithiumionen-Zelle den Weg ins Auto finden.
Dass die Universität ihre Schau zur Energiespeicher-Fertigung abschließend ausgerechnet mit schnellen Autos, also Energieschluckern garniert, will verdaut sein. Zumal BMW für sein Auto wirbt, es produziere kein Kohlendioxid. Warum bloß haben zu Zeiten Goethes die Erfinder des Elektromotors diesen Befund nicht schon ausgeschlachtet? Der Autokonzern schafft es zu übersehen, dass auch die Energie, die diese Autos ziehen, noch mit Kohlendioxid-Emissionen in Verbindung steht. Etwas gnädiger geht man mit derlei Randerscheinungen um, wenn man wenige Meter entfernt von den Stromflitzern unter die Zuhörer eines Referenten der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie gerät. Er sieht die Akkus im künftigen Elektroauto-Fuhrpark der Nation als dezentralen Energiespeicher für das Stromnetz an.
Zwischen Verheißung und wirtschaftlich relevantem Produkt ist noch einiges zu klären. Etwa, wieviel der notwendigen Stoffe für einen Akku-Massenmarkt beschaffbar ist. Mag sein, dass Lithiumsalze heute noch üppig vorhanden sind. Dennoch will die Frage, wie man dieses Metall aus verschlissenen Akkus herausbekommt, um daraus neue zu bauen, lieber früher als später beantwortet sein.
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Man macht sich natürlich Gedanken darum. Aber der Hauptfocus vor allem bei unserem Institut liegt derzeit darauf, die Zellen überhaupt produzieren zu können für einen vertretbaren Preis.