Soziale Welt vom 07.11.2012, 17-18 Uhr
WINDKRAFTNUTZUNG IM LANDKREIS FREISING

jh0217 Vom Prinzip her ist es so: Wenn ein Grundstückseigentümer eine geeignete Fläche hat, dann kann der sagen, ich möchte dort gerne ein Windrad bauen. Wenn er die entsprechenden Unterlagen bei uns einreicht, ist es auch genehmigungsfähig. Wir versuchen dann, die Bürger entsprechend zu informieren. Zum Beispiel bei dem jetzigen Bau des Windrads in Paunzhausen, das wird begleitet von uns im Internet. Das kann man nach und nach im Internet nachlesen und ich denke, nachdem wir sicher noch weitere Anlagen bekommen werden, wird das sehr hilfreich sein für die Bürger. mh0305 Gibt es denn weitere Voranfragen für den Bau von Windkraftanlagen? jk0312 Aktuell sind vier Anträge am laufen und sieben Voranfragen. mh0319 Können Sie da die Orte nennen? jk0321 Ja. Die Anträge betreffen zwei im Bereich Gammelsdorf. Eine in Rudelzhausen und eine in Fahrenzhausen.

mh0757 Wie verteilt sich das: Sind es Investoren, die deutschlandweit agieren um in diesem Segment Geld zu verdienen, oder sind es lokale Investoren, oder Bürger, die sich genossenschaftlich zusammentun um Strom zu erzeugen? jk0830 Die vier Anträge, die momentan laufen, sind Privatinvestoren, sprich, Grundstückseigentümer. Und bei den sieben Anfragen handelt es sich auch um Privatinvestoren. mh0335 Es gibt die Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Solarinitiativen. Die stehen der Windkraft sehr positiv gegenüber, hatten die Vorstellung, dass eigentlich in jeder Gemeinde ein Windrad aufgestellt werden könnte von 100 Metern Höhe. Würde Sie diesen Ansatz kommentieren? jh0355 Vom Prinzip her ist es so, dass darin stand, dass die Windräder über 100 Meter hoch sein müssten. Der Wind geht überall gut, man muss nur genügend hoch gehen. jh0412 Früher hat man die Windräder klein gebaut. Man hatte noch nicht die Technik dafür, um sie so groß zu bauen wie jetzt. Mittlerweile hat man eine Nabenhöhe von 138 Metern erreicht und die neuesten haben 150 Meter knapp. Je höher man hinaufkommt, umso besser weht der Wind. Damit ist es möglich, auch in vielen Orten in Bayern die Windräder zu bauen, die auch dann effektiv Strom produzieren. mh0441 Das wäre jetzt ein Plädoyer für höhere Windräder. jh0443 Ja. Windräder müssen effektiv sein. Sie müssen sich ja abbezahlen. Man sagte, je einen Meter, den man höher wird, das bringt ein Prozent mehr Ertrag. Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch viele kleinere Windräder gebaut werden, sondern die Tendenz geht dahin, dass man möglichst hoch hinausgeht, um möglichst viel Strom erzeugen zu können. mh0517 Jetzt frage ich mich, was ich für "Verspargelung" halten sollte: Dass man in gewissen Geländen viele Windräder hat oder einen Weg einzuschlagen, dass jede Gemeinde das ihrige hat. jk0536 Es ist so: Die Gemeinden können das steuern, und zwar über einen Teilflächennutzungsplan, können sie Konzentrationszonen ausweisen. Aber die Konzentrationszonen können nicht überall ausgewiesen werden, sondern es richtet sich nach der Windhöffigkeit, insbesondere sind Abstände zur Wohnbebauung einzuhalten, wegen Lärm und Schattenwurf. Und nur, wenn die Gemeinde entsprechende Untersuchungen durchführt, ist es möglich, diese Konzentrationszonen auszuweisen.

Die Hälfte der Gemeinden im Landkreis Freising nutzt diese Möglichkeit. Dabei scheinen sie auch untereinander kleine Scharmützel auszutragen: Manche der Windkraft diesseits einer Gemeindegrenze zugebilligte Fläche wird in Ratssitzungen der Nachbargemeinden unwillig kommentiert. Dass ein Ersatz der alten Energieversorgung mit Abbaustätten und Großkraftwerken in irgendeiner Weise das breite Land betreffen muss, wird sicher zu wenig beachtet. Johannes Hofmann stellt in diesem Zusammenhang nach dem Platz, der hierzulande praktisch vollständig zugeordnet, bewirtschaftet und unter Beschlag genommen ist. jh2842 Wenn man den Strom, den ein großes Windrad erzeugt pro Jahr mit einer Biogasanlage erzeugen möchte, dann brauchen wir ungefähr ein Quadratkilometer an Feldern. Bei einer Freiflächenanlage 10 Hektar. Die Energieerzeugung einer Windkraftanlage ist enorm bei geringstem Flächenverbrauch. jh2913 Alle Anlagen haben Nachteile: Windrad hat Nachteile, Lärm vor allem, Biogas hat Nachteile, Wasserkraft hat Nachteile, aber letztendlich brauchen wir Anlagen, die den Strom, den wir verbrauchen, auch erzeugen. Da ist für mich ein Windrad eine gute Anlage.

tg0015 Meine Motivation hat zwei Pfeiler. Das erste ist der finanzielle Aspekt. Windkraft ist eine Sache, die relativ gut bezahlt wird. Der Strom wird zwar unter den Gestehungskosten des Verbrauchers entlohnt, aber in der großen Menge, die produziert wird, gibt es doch eine gute Rendite und mein zweites Anliegen war natürlich ein bisschen, den Planeten zu retten. Die gesamte Umweltbelastung, die man heute so sieht, wird von allen möglichen Stromerzeugungsquellen eher verstärkt. Siehe Kohlekraftwerke, die Abgase in die Landschaft blasen, siehe Atomkraft, die sowiewo unerträglich sind. Wind ist ein Thema, was weder Rohstoffe verbraucht noch Abfall produziert, in meinen Augen das sauberste, was überhaupt möglich ist. tg0106 Wenn man Energie erzeugt, dann möglichst Wind, oder eben Wasser und andere harmlose Techniken nutzen. Windanlage war für mich halt das naheliegendste. mh0118 Ist es nicht ein Riesensprung? Die Anlagen sind ja nicht Solarmodule, die man nach Kragenweite bestellen und aufbauen kann, sondern ein Riesending. tg0131 Ein Sprung ist bei mir nicht wirklich passiert. Ich bin langsam reingeglitten. Der Anstoß war, dass bei mir in der Nähe eine Anlage gebaut wurde. In Frickendorf. Ich von meinem Wohnzimmer aus kann die sehen, habe das damals auch in der Bauphase mit Begeisterung beobachtet und bin da so richtig interessiert geworden. Bin dem Bundesverband Windenergie beigetreten. Habe mich bei anderen Anlagen als Anleger beteiligt und bin dann erst im letzten Schritt auf die Idee gekommen, so ein Ding auch selber zu bauen.

mh0203 Wie ist das Verhältnis der Anlage von Frickendorf und der, die Sie jetzt realisieren? tg0211 Ziemlich exakt ist meine um 40% größer. In jeder Beziehung. Sowohl Nabenhöhe, als auch Rotordurchmesser als auch Leistung. Also konkret, die Frickendorfer Anlage hat 98 Meter Nabenhöhe, meine 138 Meter. Die Frickendorfer 33 Meter Flügellänge, meine 41 Meter, die Frickendorfer 1,8 MW Leistung, meine 2,3 MW Leistung. Aber ansonsten ist sie typgleich, die gleiche Machart. Ist nur höher dimensioniert, da zehn Jahre jünger. mh0247 Die Aufnahme dieses Projektes in Paunzhausen ist nicht gerade positiv. Es gab einen ganze Menge Kritik, auch in den politischen Gremien. Wenn man Bilder anschaut, dann ist sicher auch die Größe der Anlage ein Punkt, der die Leute aufbringt. Weil man so ein Windrad neben den Kirchturm stellen kann und dann sieht der Kirchturm murkelig aus. Die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Solarinitiativen hat ein Papier herausgebraucht: Wenn jedes Dorf ein Windrad aufstellt mit 100 Metern Nabenhöhe, dann könnte Bayern 20% des Stroms mit eigenen Windkraftanlagen. Das wären dann noch nicht die Monster, für die Ihrer Anlage gehalten wird. tg0344 Also Monster glaube ich nicht. Der Mensch hat kein Höhenempfinden. Wenn man neben einem Windrad steht und keinen Vergleich-Anhaltspunkt hat, kann man absolut nicht beurteilen, wie hoch die Anlage ist. Zwischen 60, 100, 140 Metern kann der Mensch absolut nicht unterscheiden. tg0406 Weil sie auf den Kirchturm angesprochen haben: Das Windrad steht natürlich nicht neben dem Kirchturm. Wenn es daneben stehen würde, wäre die Größe auffällig. Aber in der großen Entfernung ist es völlig irrelevant und auch eine Anlage mit 100 Metern Nabenhöhe wurde genauso auffällig in der Landschaft stehen wie auch die Anlage. tg0426 Wobei ich im übrigen nicht glaube, dass die BSI gemeint habe, man solle nur 100-Meter-Anlagen bauen. Sie haben das wahrscheinlich nur als Referenz. Heute wird man auch sinnvollerweise keine 100-Meter-Anlage mehr bauen. Die Grundregel beim Wind lautet, je weiter man rauf geht, desto besser und konstanter weht der Wind. Darum ist es nur eine Frage der Machbarkeit. Grundsätzlich will man immer so weit rauf gehen, wie es technisch möglich ist. tg0458 Vor zehn Jahren sind diese Anlagen eben technisch auf dem 100-Meter-Level gestanden, heute bei 140 Metern. Wenn man höher bauen könnte, würde man es. Man kann es zur Zeit nicht. Umgekehrt will man die technische Machbarkeit voll ausnutzen. tg0510 Weil billiger würden die Anlagen auch nicht werden, wenn sie niedriger gebaut würden. Bloß die Leistungsausbeute ist geringer. Die Rentabilität ist auf jeden Fall höher, wenn man die maximale Höhe ausschöpft. Und optisch kann man das nicht wirklich unterscheiden.

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mh1706 Etwas, wo Sie rechnen mussten war Schattenwurf. Was heißt das hier für Johanneck? tg1718 Schattenwurf wird vom Genehmigungsverfahren ganz akribisch erfasst. Wobei die Entfernung maßgeblich ist. Der Schatten nimmt mit der Entfernung sehr schnell ab. Der Schatten wird diffuser und kann nur in der frühen Morgen- oder späten Abenddämmerung auftreten. Wir haben um die zwanzig Tage im Jahr, wo grundsätzlich Schatten auf das Dorf treffen kann. Man muss wissen, das Windrad steht nordöstlich vom Dorf. Das ist nur in der absoluten Morgenröte denkbar, dass das Schatten herkommt, wo üblicherweise noch kein Mensch auf ist.

mh1003 Es steht im Raum, wie man Schallquellen behandelt. Still ist es ja nirgends. Es gibt Windrauschen, Verkehrslärm, es gibt in schönen Siedlungsgebieten dass samstags dann alle im Garten unterwegs sind mit dem Laubbläser. Wie werden Sie den verschiedenen Lärmprofilen in Ihrer Tätigkeit gerecht? jk1033 Grundlage ist hier die Gewerberichtlinie, also die TA Lärm. Es sind letztendlich alle Lärmquellen zu berücksichtigen, die unter die TA Lärm fallen und das sind die Gewerbelärm-Emissionen. In einem Dorf sind das Gebläse, Melkanlagen oder andere gewerbliche Anlagen. jk1058 Verkehrslärm, die Autobahn im Fall von Paunzhausen ist ein Fremdgeräusch, wird nicht kumuliert, dazu addiert, sondern wird als Überdeckung gerechnet. Das heißt, wenn ein Fremdgeräusch vorliegt und den Lärm der eigentlichen Windkraftanlage überdeckt, ist das letztendlich, man kann sagen, ein gewisser Vorteil für die Anlage, weil die Anlage selbst nicht mehr gehört wird. mh1128 Also sie erwarten, die Anlage wird nicht gehört, weil die Autobahn mit 60 Dezibel. Es gab die andere Sichtweise, dass, wenn ein Standort schon so von Lärm betroffen ist, dass man dem dann nicht noch mehr an Lärm zumutet. jk1150 Lärmphysikalisch ist es eindeutig so: Wenn der Unterschied zwischen einem leisen und einem lauten Geräuch 10 dB(A) ist, hört man das leise Geräusch nicht mehr. Im vorliegenden Fall haben wir eine Erhöhung um 20 dB(A) durch die Autobahn. Das heißt, man kann davon ausgehen, dass die Lärmemission von der Windkraftanlage in Johanneck nicht mehr zu hören ist. mh1214 Wie vermittelt man das den Leuten? Bürgermeister hatten die Möglichkeit, nach Ammerfeld zu fahren. Wäre es nicht sinnvoll, dass man mit Bus und Bürgerinitiativen eine Windkrafttour macht? jk1237 Ja, wir waren selbst schon in Ammerfeld. Da haben wir eine ganz andere Situation. Es ist praktisch kein Fremdgeräusch vorhanden. Bei entsprechenden Windstärken kann man das Windrad am nächsten Immissionsort hören und wahrnehmen. Es ist eine gewisse Beeinträchtigung natürlich da. Hinzufügen muss man im Unterschied zu Paunzhausen, dass das Ammerfelder Windrad nur 570 Meter von der nächsten Bebauung weg ist. Wir haben 753 Meter zur nächsten Bebauung.

mh1316 Ammerfeld war Gegenstand von Klagen. In diese Gerichtsverfahren sind Lärmmessungen eingegangen. Welche Konsequenzen hatte das für die baugleiche Anlage am Standort Paunzhausen. jk1335 Wie schon gesagt, die Lärmmessungen in Ammerfeld, die über mehrere Wochen und Monate gingen, waren nur deswegen möglich, weil keine Fremdgeräusche vorhanden waren. Da hat man die Anlage am Immissionsort direkt messen können. Im vorliegenden Fall wird das nicht der Fall sein, aufgrund dieser Fremdgeräuschsituation durch die Autobahn München-Nürnberg. jk1359 Das heißt also, wir können nur nachweisen die Ausgangssituation. Man spricht vom Schall-Leistungspegel was von dieser Anlage ausgeht. Das heißt, das Messinstitut muss so nahe an die Anlage herangehen, dass das dieses Geräusch von der Autobahn durch die Anlage übertönt [wird]. Das sind vielleicht 50, 60 Meter, die man herangehen muss. mh1430 Also sie greifen jetzt schon vor. Das wäre der Ansatz zu bewerten, ob der Betrieb nun zumutbar ist oder nicht. jk1443 So ist es. Das ist in unserem Bescheid drinnen. Wir haben zwar jetzt die Richtwerte festgelegt für die nächste Wohnbebauung, das ist Güntersdorf Außenbereich und Johanneck. Haben wir festgelegt. Aber wohlwissend, dass wahrscheinlich dort die Immissionen nicht gemessen werden können, sondern ein sogenannter Ersatzmessort gewählt werden muss. In unmittelbarer Nähe der Windkraftanlage. mh1638 Wenn man nicht an dem Ort der Bewohner misst, ist natürlich Streit vorprogrammiert. Ist jetzt ihr Konzept, näher heranzugehen? jk1646 So ist es, es wird nicht anders möglich sein. Dass man nur über die Nähe den Messwert ermitteln kann.