Herzlich willkommen an diesem Dienstag Nachmittag bei LORA München. Unter sporadischen Sonnenstrahlen und geladenen Gewitterwolken bin ich ins Studio geeilt, denn ein energiegeladendes Thema soll in der kommenden knappen Stunde "Trotz alledem" über den Äther gehen. Vorgestellt wird ein Forschungsprojekt, dessen Fäden an der Technischen Universität München zusammenlaufen. Ziel ist stetig verfügbare, doch regenerativ und CO2-frei erzeugte Energie. Als Redakteur am Mikrofon begrüßt Sie Markus Hiereth.
Dass die technische Zivilisation in der Klemme sitzt, ist weithin erkannt. Denn die Begrenztheit der Vorräte an Rohstoffen und fossiler Energie kann niemand in Abrede stellen. Obendrein zog Deutschland nach der dritten Katastrophe mit einem Kernreaktor, der von Fukushima, als Konsequenz, auf die Nutzung eines gewisses Energieträgers, nämlich des Urans, in einigen Jahren komplett zu verzichten.
br0137 Wir haben ja dann die Energiewende beschlossen, relativ spontan in Deutschland letztes Jahr, da habe ich mir gedacht: "Jetzt müssen wir was tun!"
Sagt Bernhard Rieger, Professor für Chemie an der Technischen Universität München. Statt Kernreaktoren also zurück zu Kohle und Gas? Besser nicht, denn bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht Kohlendioxid und dessen Konzentration in der Erdatmosphäre entscheidet mit über das Klima. Die Erwärmung der Atmosphäre bis zum Jahr 2050 soll unter zwei Grad bleiben. Andreas Geisbauer von der Süd-Chemie gibt an, was dies für die CO2-Konzentration bedeutet. Diese dürfte dann ...
ag0815 ... 450 ppm nicht überschreiten. Wir haben heute ein von zirka 380 ppm. Im Lauf der letzten 100 Jahre durch die Industrialisierung haben wir schon einen Anstieg von 100 ppm von damals 280 auf die 380 ppm gesehen, die wir heute auch messen. ag0901 Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel. 450 ppm, da sind wir jetzt noch 70 ppm davon entfernt
Ein ppm, das ist ein Millionstel Teil. 450 ppm entsprächen somit 0,45 Promille. Ein deutlicher Schnitt beim Kohlendioxid-Ausstoß ist daher gefordert:
ag0901 Die Hälfte soll durch Energie-Einsparmaßnahmen erzielt werden. Von den verbleibenden 50% soll wiederum die Hälfte durch CO2-Abtrennung durch Sequestrierung oder CO2-Nutzung erzielt werden.
Die "Sequestrierung", das heißt, die Verpressung von Kohlendioxid im Boden allerdings ist selbst zum Politikum geworden. Auch Chemiker wie Bernhard Rieger waren nicht von der Idee überzeugt. Besser das Kohlendioxid wird genutzt. Er und der Verfahrenstechniker Rolf Bank von der MAN Turbo und Diesel rät, diesen energetisch sozusagen "ausgelutschten" Kohlenstoff in Form seiner Sauerstoffverbindung anders anzusehen:
rb2912 ... vom CO2-Molekül, [das] wird ja oft als Molekül angeschaut, als wäre es schlecht und nicht brauchbar und so weiter. Ich finde, man müsste das ganz anders betrachten. Das CO2-Molekül steht energetisch sehr weit unten. Das heißt, ich kann einem Molekül sehr viel Energie aufladen...
Dem Aufladen entspricht eine chemische Reaktion, die Hydrierung. Bei ihr werden die zwei Sauerstoffatome am Kohlenstoffatom durch vier Wasserstoffatome ersetzt. Das Produkt heißt Methan und ist ein etablierter Energieträger, denn es ist der Hauptbestandteil des Erdgases.
Doch: So wie das Geschehen in einem Gaskraftwerk landläufig für Energieerzeugung gehalten wird, wäre die Erzeugung von Methan in Kohlendioxid-Hydrierungs-Anlagen konsequenterweise als Energievernichtung zu bezeichnen. Gerade aber Energie fehlt, nach ihr dürstet die technische Zivilisation. Immerhin ist in Punkto Versorgung zwischen Alpen, Nord- und Ostsee mittlerweile ein neuer Weg eingeschlagen, ja, schon wird von Strom gesprochen, den angeblich niemand braucht. Andreas Geisbauer über die Situation in Deutschland.
ag2447 Wir haben ein hohes Maß an verfügbarer Elektrizität aus regenerativen Energien. Gerade in den letzten Jahren gab es oft das Szenario, dass Windmühlen [...] abgestellt werden mussten, weil man nicht wusste wohin mit dem Strom.
Mit Strom kann durch Elektrolyse zunächst Wasserstoff gewonnen werden, welcher dann in besagter Reaktion mit dem Kohlendioxid das Methan bildet und dieses treibt im Erdgas heute schon Kraftwerksturbinen und manche Automotoren an, auch Gebäude werden mit ihm geheizt.
Eine Lösung zum Speicherproblem der ungleichmäßig anfallenden Sonnen- und Wind-Energie kommt damit in Sicht. Rolf Bank führt Zahlen des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik an, das fragte, wieviel elektrischer Energie das Erdgas entspräche, welches man in [bestehenden] Erdgasspeicher und dem zugehörigen Verteilnetz vorhält:
rb3034 Das Netz könnte rund 200 Terrawattstunden aufnehmen. Das ist eine Energiemenge, die reichen würde um in Deutschland für zwei Monate Strom zu produzieren. rb3046 Das bedeutet, man hätte die Möglichkeit, mit dieser Technologie Energie, die im Sommer über und reichlich vorhanden ist, in den Winter zu schaufeln.
Methan nähme in dieser Technologie den Platz ein, der Kohlehydraten und andere Kohlenstoffverbindungen in der Biologie zukommt, nämlich dem eines Trägers von Energie. Und letztlich war es auch die Sonne, die jenes Depot lud, das in Folge der industriellen Revolution ausgebeutete wurde: Bernhard Rieger zufolge sind wir heute gefordert, mit unserer Technologie zu rekapitulieren, was sich auf diesem Planeten durch den Stoffwechsel von Pflanzen und in geologischen Prozessen über lange Zeiträume vollzogen hat.
br2008 Öl gab es ja nicht immer. Die Energie in Öl kommt ja auch aus der Sonnenenergie, weil vor vielen vielen Millionen Jahren die Erde auch schon Photosynthese betrieben hat, also aus Kohlendioxid und Wasser unter Einstrahlung von Sonnenlicht organische Substanzen hergestellt haben, die im Laufe von Jahrmillionen durch geologische Prozesse in Öl umgewandelt worden sind. Diesen Energiespeicher haben wir eben nicht mehr. ... Sondern müssen in einer viel kürzeren Zeit dafür sorgen, dass wir einen Prozess kriegen, der uns erlaubt, Energie in diesem Methanmolekül zu speichern. Da stellt sich jetzt die Frage: Wo kommt die Energie her? Dann schließe ich den Kreis an der Stelle weil ich sage, wenn wir diese neuen Energieformen nutzen, wie Sonnen- und Windenergie, und wir müssen die eh speichern, und wir haben Überschussenergie, ... Dann brauche ich einen Speicher, der genügend Kapazität hat, der flexibel ist, ... dann komme ich wieder auf das Methan.
Am 19. April 2012 stellte sich auf dem Garchinger Forschungsgelände ein Bündnis zwischen der Technischen Universität München und sieben Partnern vor: Dieses wird sich über drei Jahre der Grundlagen einer Kohlendioxid-Methan-Kreislaufwirtschaft widmen. Zur "Vaterschaft" bekennt sich TU-Professor Bernhard Rieger. Als Gutachter hatte er jahrelang über Forschungsprojekte zur Nutzung von Kohlendioxid mitentschieden, worunter zwar immer wieder förderungswürdige waren. Doch angesichts der enormen Mengen freigesetzten CO2 konnte Rieger in keinem eine Antwort auf das Ressourcen- und Klima-Problem sehen. Hinzu kam besagter Energiewende-Beschluss des Frühjahrs 2011, welcher die Gefahr birgt, dass der Ausstoß des Treibhausgases nochmal gesteigert wird. Der Chemiker schloss, der größte CO2-Erzeuger selbst möge sich des CO2 annehmen; nicht nur weniger davon freisetzen, es auch nicht unterirdisch wegpacken, sondern etwas daraus machen. einen chemischen Energiespeicher, Methan.
br0155 Und bin dann mit dem Anliegen hier in München hausieren gegangen bei allen diesen Firmen, die da dabei sind, und habe herausgefunden, dass es ein großes Interesse gibt, ein großes Einzelinteresse jeder Firma, und war dann so glückreich, dass wir insbesondere zusammen mit der Süd-Chemie, jetzt Clariant und der Wacker, ein Dreierkonsortium aufgestellt haben ...
... in welches sich, mittlerweile auch der Stromriese eon, der Kraftwerksbauer Siemens, der Gase-Spezialiste Linde, der Chemiereaktoren-Hersteller MAN und das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik eingereiht haben.
br0319 ... und das hat mich viel Zeit gekostet, die Firmen zusammenzukriegen, weil, sie können sich vorstellen, wenn sie mit der mittleren Führungsebene sprechen, zu der man relativ guten Zugang haben kann, dann sind das nicht unbedingt die Entscheidungsträger, und das musste über mehrere Schienen laufen, aber als das begonnen hat, sich zu bewegen, da hat man wirklich gemerkt, welche Macht und welche Kraft da dahinter steckt. Jeder Firmenteil, der da dabei ist, hat ein ganz eigenes Interesse.
Es wurde ein Förderantrag beim Bundesministerium für Forschung und Technologie gestellt, welchen
br0155 ich selber nicht ich begutachtet habe, das muss man dazusagen, man begutachtet ja seine eigenen Projekte nicht. Das waren 30 andere, die das begutachtet haben - und wir haben uns sehr gefreut, dass dann dieses Projekt in voller Breite auch unterstützt wurde.
6,3 Millionen Euro fließen dem Forschungsverbund vom Ministerium zu und Bernhard Rieger versichert, auch die Industriepartner engagierten sich finanziell:
br4311 Zwingen Sie mich jetzt nicht, über die Höhe zu reden. Das ist eine Sache, die in den Verträgen geregelt wird, aber ... br4350 ... in dem gesamten iC4 Forschungsbereich sind deutlich Gelder darin, die aus der Industrie kommen, teilweise bei den Partnern selber für die Forschung verwendet werden, die aber auch an die TU gehen, um dort Forschung zu betreiben.
Getauft wurde das Verbundforschungs-Projekt mit dem eben von Bernhard Rieger verwendeten Kürzel "iC4". Wie ist man darauf gekommen?
br1637 Wenn man so Projekte generiert, muss man ein Schlagwort finden [...]. Wobei man nicht iC4 sagen sollte, sonder "i C hoch vier" Das beinhaltet einfach auf Englisch integrated, Carbon, Capture, Conversion and Cycling. Das heißt, wir wollen einen Prozess haben, in dem der Kohlenstoff abgetrennt wird, umgewandelt wird, in diesem Fall in Methan und damit zyklisiert wird. Weil nach der Verbrennung entsteht ja wieder CO2, wenn wir das wieder abtrennen, können wir das wieder in den Kreislauf schicken.
iC4 startete offiziell am 1. November letzten Jahres und beschäftigt mittlerweile Forscher und einen eigentlich als Manager geforderten Professor. Denn dass die Süd-Chemie, mittlerweile eine Geschäftseinheit der schweizer Clariant AG und Wacker, die größte bayerische Chemiefirma an einem Strang ziehen würden, war alles andere als klar, da sie ...
br0243 ... eigentlich auf den selben Gebieten forschen in dem Projekt und ähnliche Vermarktungsgebiete haben, das sind eigentlich Konkurrenten, aber weil wir zusammen dieses Thema wichtig finden, haben die sich bereit erklärt, an der Stelle sogar zu kooperieren. Das demonstriert einfach, welche Bedeutung das Projekt hat.
Mag das Lustprinzip 2011, beim Diskutieren über die Idee der Kohlendioxid-Methan-Kreislaufwirtschaft noch eine Rolle gespielt haben. Am Schluss eines Abendessens kam man überein: Der zu teilende Kuchen wird groß genug für alle sein. Dessen ungeachtet folgten Verhandlungen über knochentrockenem Stoff ...
br0411 ... jetzt haben wir fast ein Jahr gebraucht, um die rechtlich gegebenen Rahmenbedingungen so umzusetzen, dass dieses komplexe Konstrukt überhaupt möglich wird. Das hat mich viel Zeit gekostet. Es ist dem Einsatz der Firmen und hochrangigen Juristen zu verdanken, dass es überhaupt zustande kam.
Bernhard Rieger bezeichnet iC4 als komplexestes Forschungsgebilde, das er bislang zusammenstellen durfte. Mittlerweile fordert es ihn aber tatsächlich als Forscher, also im eigenen Metier. Acht Arbeitsgruppen der Technischen Universität sind eingebunden.
br0441 Da sind eine ganze Reihe von Doktoranden und Post-Docs beteiligt. Es läuft bei mir und in der Chemie ganz allgemein nicht so, dass wir die einfach werkeln lassen für eine bestimmte Zeit, sondern wir sind in enger Diskussion über Forschungsergebnisse. Das macht Spaß, aber es kostet auch Zeit, und dann kommt die ganze Berichterstattung dazu, die im wesentlichen meiner Verantwortung unterliegt, gegenüber dem BMBF, weil es sind ja Steuergelder und ich glaube, es ist absolut fair, wenn erstens der Steuerzahler erfährt, was wir da machen, darum freue ich mich auch sehr über das Interview, und b) der Steuerzahler an jeder Stelle auch sicher sein kann, dass das von seinen Geldern, was da drin steckt, höchst peinlich genau kontrolliert wird, damit es an der richtigen Stelle landet.
Regenerative Energie - inwieweit decken Sonne und Wind den Energiebedarf von morgen? Zuversicht prägte den Ausblick, den Manager, Wissenschaftler und Entscheider Mitte April am Forschungsgelände Garching unternahmen. Unter den zur Vorstellung des "iC4-Projektes" eingeladenen Medienvertretern war auch ich, Markus Hiereth. Für diese Sendestunde auf LORA 92,4 habe ich mich mit drei Akteuren dieses Forschungsverbundes verabredet und mir ihre Beiträge zu einer Kohlendioxid-Methan-Kreislaufwirtschaft darlegen lassen. Durch sie sollen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Eine verlässliche Versorgung mit Energie und eine deutliche Minderung des Ausstoßes des Treibhausgases Kohlendioxid, welches einen wichtigen Platz einnehmen wird, stellt es doch bei dieser Technologie die entladene Form eines chemischen Energiespeichers dar. Bernhard Rieger über mehr oder weniger geläufige Speicher-Möglichkeiten:
br0702 Nun gibt es eine ganze Reihe von Stromspeichern, also Energiespeichern. Es gibt kurzfristige, Batterien. Das weiß jeder, der ein Handy hat. Wenn sie mit dem Ding telefonieren, hat das eine gewisse kurze Sprechzeit. Also sind solche Batterien nicht unbedingt geeignet, um saisonal Strom zu speichern. Wir haben auf der anderen Seite natürlich Pumpspeicherkraftwerke; auch ein wichtiges Thema hier in Bayern. Aber die sind natürlich lokal festgelegt.
Mit "lokal" festgelegt hebt Rieger darauf ab, dass vielfach Energie abseits eines Netzes verbraucht wird, zuallererst zu nennen wäre hier der Verkehr. Es hat Gründe, dass Schiffe, Autos, Flugzeuge und Lastwagen betankt werden, dabei in Form flüssiger Kraftstoffe mit erheblichen Energiemengen versehen werden und so Güter und Personen über weite Strecken transportieren können. Kohlenwasserstoffe, wozu alle Kraftstoffe auf Erölbasis gehören, stellen chemische Energieträger dar. Idealerweise sollte mit einer ähnlich handhabbaren und vielseitigen Substanz eine Brücke zu den erneuerbaren Energie geschlagen werden. Als dafür prädestiniert erachtet Bernhard Rieger zwei Substanzen, eine favorisiert er.
br0742 Bei der Speicherung von Energie in chemischen Systemen kommen aus technischen und praktikablen Gründen zwei Moleküle in Frage: Das eine ist Wasserstoff H2, den man CO2-frei erzeugen, wenn man Wasser spaltet. Der Wasserstoff selber ist das leichteste Element, das ist ein Gas, das sich nur sehr schwer kondensieren lässt. Diejenigen, die Automobile kennen, die mit Brennstoffzellen fahren, die wissen, dass man da Wasserstoff unter hohem Druck speichern muss, 700 bar. Auch wenn man Verbrennungsmotoren nimmt, die mit Wasserstoff laufen, muss man den speichern und diese Speicher haben eine begrenzte Kapazität. Zudem müsste man ein eigenes Wasserstoff-Versorgungsnetz - über ganz Europa zumindest - aufbauen. br0905 Und wenn Sie an das zweite Molekül denken, nämlich Methan, dann ist Methan eigentlich nichts anderes als Erdgas. Wir haben jetzt schon Autos, die mit Erdgas fahren können, die auch im Mix mit anderen Energieformen fahren können, Wir haben ein Erdgas-Versorgungsnetz, eigentlich über Europa hinweg. Über die Weltmeere hinweg. Es gibt ja riesige Schiffe, die Erdgas transportieren. Erdgas lässt sich relativ leicht komprimieren, hat dann eine relativ hohe Energiedichte. Und beim Verbrennen von Methan entsteht relativ zu den anderen Stoffen, wie zum Beispiel Benzin, wenig CO2. br0945 Und das bringt mich und uns in diesem Kontext so weit zu sagen: OK, es mag Technologien geben, die auf Wasserstoff fixiert sind, ...
... aber im iC4-Projekt taucht er nur als Reaktionspartner, nicht eigentliches Energiedepot auf. Denn anders als beim Wasserstoff existiert für Methan bereits eine nennenswerte Infrastruktur: Gaspipelines, unterirdische Speicher, Gaskraftwerke und, zumindest ansatzweise, ist Erdgas auch schon in den Sektor Verkehr eingedrungen:
br0945 Stellen Sie sich vor, über die letzten 60, 70, 80 Jahre hat sich unser Tankstellennetz gebildet. Und [...] Es ist ja nicht nur das Tankstellennetz. Sie müssen ja auch den Energieträger zur Tankstelle bringen können. Und das Netz haben wir im Prinzip für Methan weitestgehend vorhanden. br1026 Und deswegen haben wir uns überlegt aufgrund dieser Bedingungen, dass das Energiespeichern in dem Methan natürlich super wäre, und zudem noch super ist, weil man Methan aus Kohlendioxid erzeugen kann.
Ja, schick: Kohlendioxid soll aus der Atmosphäre zurückgeholt oder gleich nicht mehr freigesetzt werden. Der Haken ist: Mit dem in schon in der Atmosphäre befindlichen Kohlendioxid können nur biologische Systeme, also Algen und Pflanzen etwas anfangen. Seine Konzentration ist mindestens um den Faktor zehn zu klein. Um damit Chemie zu betreiben, wird es konzentriert und am besten rein gebraucht.
Eine Anlage zur Abtrennung besteht im Prinzip aus zwei Teilen. Einem Turm, worin man durch CO2-haltige Gasgemisch eine sogenannte Waschflüssigkeit regnen lässt. In dieser Flüssigkeit aufgelöste Amine binden das Treibhausgas. In einem anderen Behälter erhitzt man anschließend die Flüssigkeit, wobei sich das Kohlendioxid von den Aminen trennt und wieder als Gas frei wird. Etabliert, so Andreas Geisbauer von der Süd-Chemie, habe sich diese Methode zur Entfernung von Kohlendioxid aus Erdgas.
ag1838 Erdgasvorkommen sind oft, je nach ihrer Herkunft, oft auch mit CO2 beaufschlagt. Um aber das Erdgas in eine Erdgasleitung pumpen zu können, muss man das CO2 erst einmal abtrennen. Das wurde in der Vergangenheit mit Amin-Lösungen - da gibt es Standardamine, 3, 4, 5 Stück, die da in den letzten Jahrzehnten verwendet wurden. Die sind bekannt und diese Flüssig-Abtrennprozesse sind auch etabliert. Allerdings war in der Vergangenheit der Preisdruck für diese Technologie nicht so hoch. Weil man hat Methan als Wertprodukt dabei erzeugt.
Mit anderen Worten, der Einsatz einer teuren Chemikalie und ein beträchtlicher Energieverbrauch wurden hingenommen. Insofern bleibt auf diesem Feld einiges zu tun und im iC4-Projekt wird dankbar aufgenommen, wie weit der Kraftwerksbauer Siemens in Zusammenhang mit der Idee einer unterirdischen Kohlendioxid-Entsorgung gekommen war. Die Abtrennung von Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen funktionierte zwar, doch zufrieden konnte man damit nicht sein, dass zur Entfernung des CO2 von vier Kraftwerken ein fünfte Kraftwerk hinzustellen wäre, welches die für den Prozess nötige Energie bereitstellt. Aus seinen Gesprächen mit Siemens schließt Andreas Geisbauer: Als Kohlendioxidfänger geeignete Moleküle hat man mittlerweile in der Hand, doch sie in Wasser gelöst durch Waschtürme rieseln zu lassen, davon gilt es aus energetischen Gründen wegzukommen.
ag1200 Die bisher etablierten Ansätze arbeiten mit wässrigen Lösungen von CO2-Fängermolekülen. Da ist das Fängermolekül, zum Beispiel ein Amin - das ist der Standardprozess - oder eine Aminosäure - das ist das, was den Siemens-Prozess auszeichnet, werden die eben in Wasser vorgelegt. Um das Reaktionsprodukt von CO2 mit diesem Fängermolekül zu zersetzen, muss man diese ganze wässrige Lösung auf hohe Temperaturen bringen. Wasser hat eine hohe Wärmekapazität und die Temperaturen, auf die man diese wässrigen Lösungen dann bringen muss, die liegen so bei 100 Grad oder darüber [...]. Das kostet über 50 Prozent vom Energiebedarf für den kompletten Abtrennungsprozess. ag1316 Es gibt Vorstudien, die haben gezeigt, wenn man diese Fängermoleküle nicht in Lösung appliziert, sondern auf einem festen Träger vorlegt, dann ist der Energiebedarf für die Regeneration [...] schaut dann deutlich positiver aus.
Bei unserem Gespräch in Garching hatte der Chemiker eine Substanz, die er auf ihre Eignung als Träger oder "Sorbens" testen will, dabei. Auf die Frage, was das beigefarbene Pulver in dem Plastikschraubgefäß sei, nannte Geisbauer die Stoffklasse und wo diese zu beschaffen wäre.
ag1410 Im Prinzip sind das Naturprodukte, gewisse Tonmineralien, die wir da evaluieren wollen. Wichtig wird sein, dass diese Materialien auch kostengünstig hergestellt werden können. Es bringt nichts, wenn die Herstellung von so einem festen Sorbens zu teuer ist oder zu energieintensiv. Wir haben aber bei Süd-Chemie die positive Voraussetzung, dass wir auf so natürlich vorkommende Mineralien wie Schichtsilikate und Tonmineralien über unser bereits etabliertes Geschäft einen guten Zugang haben. ag1456 Die Materialien sind in hohen Mengen verfügbar, auch weltweit in hohen Mengen verfügbar und kostengünstig abbaubar, und formbar. Das gibt uns ein gutes Gefühl, dass wir mit diesem Ansatz "feste Sorbentien" auch was entwickeln können, was bezahlbar ist.
Parallel arbeitet man im iC4-Forschungsverbund noch an einer alternativen, weniger chemischen als physikalischen Methode zur Kohlendioxid-Abtrennung: Verfolgt wird sie gemeinsam von der Wacker AG und dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart. Die beiden stellen aus zwei Schichten bestehende Membrane her. Aufgrund erster Laborbefunde mit kalten Gasen hält Bernhard Rieger auch diese Methode für vielversprechend.
br2915 ... Da ist die Idee so, dass wir die Membran beschichten, mit einer intelligenten Schicht, die zwischen Kohlendioxid und Methan unterscheiden kann. Die Kohlendioxid aufnimmt und durch die Membran leitet und das Methan nicht aufnimmt und eben nicht in das Innere der Polymermatrix leitet. br3012 Da haben wir ein paar Ideen entwickelt, über die ich jetzt nicht sprechen möchte, also ein paar neue Konzepte und da freue ich mich über das Interview heute, weil ich glaube, wir haben den proof of concept. Also unser Konzept, da haben wir heute die ersten Messergebnisse gesehen, die zeigen, wir sind noch nicht bei der fertig entwickelten Membran, aber das Konzept wird funktionieren. br3039 ... Das chemische Konzept dahinter ist zu kompliziert und aus patentrechtlichen Gründen darf ich nicht darüber reden. [...] In dieser Substanz löst sich CO2 ganz hervorragend und die Gase, die sich nicht darin lösen sollen, die lösen sich auch nicht darin. Nach der kurzen Zeit bin ich sehr froh, dass wir das so weit haben.
So weit zum Weg, das Kohlendioxid in die Hand zu bekommen. Wie erwähnt, haben die iC4-Forscher dem Treibhausgas als edle Aufgabe zugedacht, mit Wasserstoff zu reagieren, wodurch zum einen Wasser, zum anderen Methan entsteht. Wie der Wasserstoff zu erzeugen sei, referierte bei der iC4-Projekt-Vorstellung Relus Beining von der Eon Ruhrgas AG. Die Elektrolyse als zugrunde liegende Reaktion sollte sich, davon geht Bernhard Rieger aus, bei jedem aus Schultagen oder selbst unternommenen Küchenexperimenten eingeprägt haben.
br3132 ... Das kennt jeder noch aus seiner Schulzeit, das geht ja mit einer Taschenlampenbatterie. br3214 Wenn sie ein Glas Wasser nehmen aus der Leitung, und halten die Pole in das Wasser, dann blubbert es an den Pol-Enden. Das ist genau diese Elektrolyse. An der einen entsteht gasförmiger Wasserstoff und an der anderen gasförmiger Sauerstoff, die sind auch schon getrennt.
Eon Ruhrgas betreibt eine Pilotanlage, die damit punktet, dass sie mit Schwankungen des verfügbaren Stroms, also mit Solarmodulen und Windrädern, gut zurecht kommt, dass sie immerhin 70% der elektrischen Energie in Form von Wasserstoff wandelt und von einer Größe ist, dass sie das Gas in beachtlichen Mengen liefern kann
br3235 Das ist schon ganz ordentliches, vernünftiges Technikum; wenn man daran denkt, wie groß die Anlagen am Schluss sein müssen.
Damit stünden die beiden Gase Kohlendioxid und Wasserstoff zur Verfügung, so dass es anschließend um die wohl wichtigste Reaktion gehen kann, denn durch sie wird aus dem energiearmen Abgas CO2 das energiereiche Methan. Mit ihr wird ein Gegenstück zu all den Verbrennungsprozessen etabliert, auf welchen unsere Energiewirtschaft immer noch beruht.
Die Reaktion selbst ist nicht neu, der Franzose Paul Sabatier setzte sich vor mehr als hundert Jahren mit ihr auseinander und erhielt dafür 1912 den Chemie-Nobelpreis. Die Arbeit, die den zwei im Bereich der Chemie agierenden Projektpartnern, Wacker und Clariant bleibt, ergibt sich dadurch, dass diese Reaktion in industriellem Maßstab, tonnenweise durchzuführen sein wird. Deswegen soll der nötige Energie-Einsatz minimiert werden und das mit ihr produzierte Gas dem natürlichen Erdgas gleichwertig sein. Für Andreas Geisbauer von der Süd-Chemie sind dies alltägliche Anforderungen. Als Chemiker weiß er, mit ihnen umzugehen:
ag2719 Die Katalyse ist da der Schlüssel zum Erfolg. [...] Da das eine exotherme Reaktion ist, liegt das Gleichgewicht umso mehr auf Seiten der Produkte, je niedriger die Temperatur der Umsetzung ist. Deswegen ist es ein Entwicklungsziel, unsere verfügbaren Katalysatoren dahingehend weiterzuentwickeln, dass sie auch bei Temperaturen um die 200 Grad oder darunter hoch aktiv sind und aus CO2 und Wasserstoff Methan herstellen. Das kann dazu führen, dass das Produkt direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. mh2827 Und wie findet man solche Substanzen. Wer hat den Riecher dafür... ag2839 ... Das sind auch Erfahrungen, die sich nicht in ein, zwei Jahren aufbauen lässt. Was uns hier zugutespielt ist, die Erfahrung die wir in der Synthese von Methan aus sogenanntem Synthesegas gesammelt haben. Da wird nicht CO2 mit Wasserstoff umgesetzt sondern Kohlenmonooxid. ag2920 Aber die Erfahrungen, die wir in der Synthesegas-Methanisierung gesammelt haben, kommt uns auch in diesem Projekt zugute und aus unserer Vorgeschichte haben wir gewisse Katalysatoren in der Schublade, die wir evaluieren können für die neue Zielanwendung. mh2939 Ist das synthetische anorganische Chemie, die da gemacht wird... ag2944 Das ist klassische anorganische Festkörperchemie. Man hat einen Träger mit einer bestimmten Aktivmasse. Was wir gelernt haben ist, das sich für die Umsetzung von CO oder CO2 nickelbasierte Katalysatoren sehr gut eignen, vorausgesetzt, man stellt sie richtig her. mh3043 Sehr geheimnisvoll. ag3047 Die Sache ist einfach, der Katalysator ist wie ein Spielplatz, wo sich die Edukte treffen. Der muss das CO2 adsorbieren, aber auch den Wasserstoff. Dann muss er CO2 und Wasserstoff spalten, so dass kleinere Bruchstücke vorliegen, aber dann muss er sie auch wieder zusammenbauen. Das soll er auch möglichst selektiv machen. Er kann CO2 und Wasserstoff auch zu Methanol zusammenbauen. [...] Aber in dem Fall wollen wir ja zum Methan in möglichst hoher Ausbeute. [Das] heißt im Fachjargon mit möglichst hoher Selektivität. Das heißt, ein guter Katalysator katalysiert genau eine Reaktion und bildet dabei möglichst wenig Nebenprodukte [...] weil alle Nebenprodukte würden hinterher Energie benötigen, weil man sie wieder abtrennen müsste.
Andreas Geisbauer sah im Katalysator für die Reaktion zwischen Kohlendioxid und Wasserstoff "den Schlüssel" zum Erfolg. In der Chemie ist der Katalysator weniger das Ding zwischen Motor und Auspuff, sondern allgemein eine Substanz, die bei einer Reaktion in geringen Mengen anwesend sein muss, selbst nicht verbraucht wird, aber hilft, dass Ausgangsstoffe unter technisch machbaren Bedingungen in genau der gewünschten Art und Weise miteinander reagieren. Vielleicht ein tausendstel Millimeter dick befindet er sich auf Körnchen. Diese wiederum haben letztlich ihren Platz in tonnenschweren Reaktoren. Für Pilotversuche hat die MAN Turbo und Diesel einen "nur" 6 Meter hohen und einen halben Meter dicken Reaktor gebaut. Rolf Blank antwortet auf meine Frage, was Bernhard Rieger für das iC4-Vorhaben in Kontakt mit MAN in Deggendorf treten ließ.
rb1326 Ja, gut. In der Chemie und Petrochemie sind wir natürlich bekannt als Reaktorbauer und wir haben [...] hier ein spezielles Angebot, nämlich dahingehend, dass wir vom klassischen Verfahren, was eine Reihenschaltung von Reaktoren benötigt, abweicht. Wir können den Prozess in einem Reaktor mit einem Durchgang oben in den Reaktor hinein und unten heraus fertiges Produkt. Das macht, meine ich, sonst keiner so.
Blank, Professor für Verfahrenstechnik, hebt dabei auf einen in Teilen vergleichbaren Prozess der petrochemische Industrie ab. Statt bei Kohlendioxid setzt er beim giftigen Kohlenmonooxid ein, welches mit Wasserstoff zu einer ganzen Palette flüssiger Kraftstoffe umgesetzt werden kann.
rb1547 ... Wir sind in dem Thema Kraftstoffe allgemein drin, also Fischer-Tropsch-Synthese und solche Dinge, kennen wir auch schon seit Jahren und da ist Methanherstellung eine Facette, die wir mitverfolgen. rb1613 Kohlenmonooxid und Wasserstoff, das kennt man als Rohstoffgas in der Chemie und ist eigentlich sehr reaktiv und für vieles einsetzbar, und von diesem ausgehend kann man zum Beispiel Dieselkraftstoff machen, den sogenannten GTL-Diesel, also gas-to-liquid, als Prozess. Da sind wir auch tätig. Da kann man Biomasse vergasen und wieder aus diesem Synthesegas Treibstoffe machen, für Diesel, Kerosin und so weiter. mh1648 Das heißt, das Neue ist nicht so neu, ein Teil der Strecke ist bekannter Weg... rb1707 Ja also so schaut es aus. Man muss natürlich sehen: Der Prozess Kohlenmonooxid und Wasserstoff läuft deutlich anders als Kohlendioxid plus [Wasserstoff]. Man sieht schon an den Wärmen: Wenn Sie Kohlenmonoxid reagieren, ist sehr viel mehr Wärme drin, die freigesetzt wird. Und wenn Sie mit Kohlendioxid arbeiten, produzieren sie viel mehr Wasser, was in der Synthese entsteht. Insofern, die Verwandtschaft ist da, aber die Übetragbarkeit ist sehr begrenzt. Auch, dass nicht aufgeklärt ist, wie die Umsetzung tatsächlich läuft, über welche Schritte das ganze führt. mh1750 Was mich etwas erstaunt hat, dass Sie berichten, wir haben ein halbes Jahr nach Projektstart einen Reaktor, mit dem man arbeiten könnte und die chemische Seite ist ja noch gar nicht so weit, dass sie sagen könnte: Das ist ein guter Katalysator. Gehen Sie da ein Risiko ein... rb0023 Wir arbeiten hier mit Rohrbündel-Reaktoren. Das bedeutet, das Ausgangsmaterial wird dem Reaktor zugeleitet, der Reaktor besteht aus einem Rohr, im Rohr befindet sich der Katalysator ... rb0135 ... eine besondere Kompetenz hier im Hause in Deggendorf ist, dass wir von diesem Einzelrohr hochskalieren können, auf 5-, 10-, 20-tausend, 30-tausend Rohre. mh0211 Wenn ich das richtig verstanden habe, haben sie einen Einrohr-Reaktor mit vielleicht vier Zentimeter Innendurchmesser ... rb0221 ... innen 26 Millimeter Durchmesser, in unserem Fall 6 Meter lang, von dem können wir dann die Daten des einzelnen Rohres ermitteln und aus diesen Daten des Einzelrohres, basierend auf diesen Daten findet dann das Scale-up statt. So dass praktisch in Tatsache kein Scale-up ist, dass man das Volumen vergrößert, sondern es ist ein Numbering-up, dass man die Rohrzahl vergrößert, und jedes Rohr später genau das gleiche ausführt wie das einzelne Rohr im Labor. mh2524 Wenn Sie einen Reaktor bauen: Sie brauchen die Stahlrohre, sie haben Blechstahl, das dann den Mantel bildet, so Kalotten, Halbkugeln habe ich auch schon auf dem Gelände gesehen. In welcher Reihenfolge wird das denn zusammengebaut... rb2538 Der Rohrbündelreaktor beginnt mit dem Rohrboden. Das ist einfach ein ebenes Blech, das kreisrund ausgeschnitten wird, in das Blech werden die Löcher gebohrt, [...] Dann gibt es noch Umlenkbleche, die braucht es, damit das Wärmeträgermedium optimal strömt. Innen läuft das mäanderförmig über die Rohre, oben wieder raus. So geht das dann im Kreis. Und dieses Ganze: Rohrboden und Bleche wird im Zylinder angeordnet, eingeschweißt, und dann werden die Rohre eingeführt. rb2618 Dann werden die Rohre eingeschweißt. Es ist klar, die müssen hundert Prozent dicht sein. [...] Da gibt es wichtiges Know-How, was bei uns über ... seit 1955 bauen wir diese Reaktoren [...] was sich entwickelt hat und immer wieder die Einschweißprozesse, die verbessert wurden, da möchte man 100 Prozent Zuverlässigkeit. rb2652 Und hinterher, wenn der Reaktor so weit fertig ist, gibt es natürlich auch noch eine Druckprobe, um wirklich sicher zu sein, der Reaktor hält den Druck aus. Da wird der Druck mit Wasser aufgebracht. Und dann sieht man, dass alles in Ordnung ist. mh2707 Dann kann er das Werk verlassen. Das ist auch ein Grund, warum Sie hier in Deggendorf sind. rb2712 Ja, die meisten Produkte, die wir verschicken, gehen mit dem Schiff weg, weil Durchmesser von 10 Meter, 8 Metern, passen natürlich nicht auf die Straße, und die Stückgewichte von über 200 Tonnen passen auch nicht mehr auf die Straße. Normale Gewichte sind 400, 500, bis 1400 Tonnen. Da brauchen wir schon den Fluss, die Donau als Transportweg. mh2505 Wieviele Reaktoren verlassen das Werk pro Jahr... rb2510 Als Daumenpeilung könnte man sagen: So ungefähr knapp zehn Reaktoren pro Jahr können das Werk verlassen.
Während auf dem Weg durch das Stahlrohr aus den Ausgangsstoffen die Produkte, also aus Kohlendioxid und Wasserstoff Methan und Wasser werden, stellt sich auch quer durch die Rohrwandung ein anderer Fluß ein, nämlich einer von Wärme. Wie eine Verbrennung setzt die Reaktion thermische Energie frei, die aus zwei Gründen abgeführt werden muss. Erstens sollen im Betrieb zeitlich gleichbleibende Bedingungen herrschen, vor allem jedoch ist die theoretisch erwartbare Methanausbeute umso geringer, je heißer das Reaktionsgemisch ist. So umspült ein Kühlmedium die Rohre an der Außenseite.
rb0346 ... zwischen den Rohren fließt dannn eben dieser Wärmeträger. Da gibt es klassischerweise Wasser als billigstes Medium zunächst einmal. Es gibt auch Öl, es gibt in unserer Anwendung Salzschmelze-Gemische, die den Vorteil haben, wenn sie in Temperaturen arbeiten bis 250, 300 Grad, bleibt dieses Wärmeträgermedium drucklos.
Wasser mag zwar ein billiges Kühlmittel sein, aber es beginnt eben bei 100 Grad zu kochen. Schließt man es ein, baut es Druck auf und der Siedepunkt verschiebt sich nach oben. Entsprechend müsste der Reaktor hohe Drücke aushalten. Das heißt, das billigste Kühlmittel zwingt zu erhöhtem technischen Aufwand.
rb0437 250 Grad bis 300 Grad arbeitet jetzt unser Reaktor für die Methanisierung, da wäre der Mantel für 40, 60, 80 bar auszulegen. Wir können aber drucklos fahren, das bedeutet, wir können viel leichter bauen. mh0454 Salz ist ein allgemeiner Begriff. Verraten Sie, was für ein Salz darin ist. Jeder kennt das Straßensalz. Das ist eigentlich ein Graus, weil der Autofahrer sagt, das macht mir mein Auto kaputt. rb0507 Es ist kein Kochsalz, wie sie es von der Küche oder vom Straßenbetrieb kennen. Es ist ein Nitrat-Nitrit-Gemisch, das hat die Besonderheit, dass man hier ein Gemisch aus Salzen wählt, das einen minimalen Schmelzpunkt hat [...]. Das ist natürlich wichtig, dass ein Wärmeträger im Kreis gepumpt werden kann, dass er am Reaktionsrohr entlang die Wärme aufnehmen kann und zum Ausleiten der Wärme über einen Kühler geleitet werden kann. rb1025 Im Beispiel vom Pilotreaktor, da haben wir [...] dann zwei Zonen. Ein oberer Bereich und ein unterer und jeder für sich ist mit einer Bodenplatte getrennt, dass ich jeden Temperaturbereich einstellen und individuell betreiben kann. rb1049 ... Das ist der Vorteil des Zweizonen-Reaktors.
Dass die Reaktion sich ein einem Rohr vollzieht, verschafft Rolf Bank zufolge dem Anlagen-Betreiber eine in der Chemie sonst unübliche Freiheit, der im iC4-Projekt große praktische Bedeutung zukommen dürfte.
rb1400 Das ist natürlich ein riesiger Vorteil, wenn man sich überlegt, wenn man diesen Reaktor in Zusammenhang mit einer Photovoltaik oder einem Windrad betreiben will. Die Sonne scheint nicht immer und der Wind bläst nicht immer. Das geht auf und ab und jetzt bräuchte man ein Reaktionssystem, das ein bisschen diese Dynamik mitmachen kann. rb1420 Und da wir ein einfaches - wörtlich, ein Reaktor - System haben, kann man im Bereich von 70 bis 100 Prozent auf- und abfahren. Das ist natürlich absolut unüblich: Chemie fährt stationäre Prozesse, oben rein unten raus, jede Stunde jeden Monat dasselbe. Da ist man bei diesen neuen Prozessen auf einer ganz anderen Situation. [...] Das ist eine Schwierigkeit
Erstens Stromerzeugung aus regenerative Quellen, zweitens Wasserstoff-Produktion durch Elektrolyse, drittens Gewinnung von reinem Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen oder anderen Quellen, viertens die eigentliche Methan-Synthese. Es beschert stattlichen Aufwand, um technologisch nachzuvollziehen, was Zellen von Algen und Pflanzen seit Jahrmillionen praktizieren: Die Gewinnung chemischer Energie aus dem Sonnenlicht. Wie Forscher in Japan und den USA befasst sich Bernhard Rieger aber auch mit einer unmittelbaren Übertragung von Lichtenergie auf chemische Systeme. Dies ersparte die Umwandlung von Licht in Strom und von Strom in Wasserstoff und eventuell auch das Aufkonzentrieren des Treibhausgases Kohlendioxid. Während die ganze bis hierher umrissene Chemie bekannt ist und nur optimiert werden muss, erlaubte ein technischen Analogon zur Photosynthese einen Aufbruch zu neuen Ufern. Entsprechende wissenschaftliche Veröffentlichungen zu so genannten "photokatalytischen Reaktionen" gibt es. Sie behandeln auch die Wasserspaltung, also eine im iC4-Projekt durchaus relevante Reaktion. Bernhard Rieger sieht darin ...
br2433 ... eine ideale Möglichkeit. Also wenn man CO2 nicht mit Wasserstoff aus der Leitung, sondern wenn man CO2 mit dem Wasserstoff in Wasser direkt umsetzen könnte. Deswegen erforschen wir das an der Stelle. mh2459 Es ist aber ambitioniert: CO2 reaktiv, bereit zu machen, um es zu reduzieren mit Wasserstoff und zum anderen das reaktionsträge Wasser aufzuschließen, und den Wasserstoff da herauszuholen. br2526 Was es zur Zeit gibt; es gibt Photokatalysatoren, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Also das ist nichts, was zu erfinden wäre. Das ist massiv zu verbessern. [...] es gibt weltweit intensiv Forschungsaktivitäten. Deswegen bin ich froh, dass wir das Teilzentrum gegründet haben, weil ich glaube, das ist eine Forschungsrichtung, die visionär ist. Das wird sich nicht morgen technisch realisieren lassen. Aber wir müssen daran arbeiten, die Welt arbeitet daran, es geht ja auch um Technologieführerschaft. mh2659 Wo stehen Sie denn mit der Photokatalyse... br2705 Wir sind gerade an einem Punkt, wo wir die ersten Systeme haben, die deutlich besser funktionieren als die, die man bisher kennt, wir haben Glück gehabt, wir haben schon ein bisserl vorgearbeitet gehabt und haben kürzlich eine Publikation herausbringen konnten, in der wir wirklich zeigen konnten, dass sie zwei Zentren brauchen, Metalle, in dem Fall ein ganz besonderes, Rhenium. Wir haben mit großer Freude festgestellt, wenn man die zwei Rhenium-Zentren in einen bestimmten, ganz kurzen Abstand bringt, dann sind die viel effizienter, so etwas nennt man kooperative Effekte. Das ist eine der wesentlichen Entwicklungsrichtungen. Man muss die Zentren so zusammenbauen, dass die die Chemie tun die man haben will. mh2752 Welche Reaktion ist das... br2754 Das ist momentan die Umsetzung von Kohlendioxid in Wasser zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Wir sind noch nicht beim Methan, aber dieses Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff nennt man in der Technik Synthesegas, weil sie aus diesem Gemisch eigentlich auch Benzin machen können.
Aus Sonne, Luft und Wasser wird in Bassins auf dem Tankstellendach dank raffinierter Katalysatoren Kraftstoff, den ich an der Zapfsäule darunter nur ins Auto zu füllen brauche. Etwas überzeichnet ist dieses Szenario zwar schon. Aber ohne wie mit Photokatalyse zieht Bernhard Rieger die Kohlendioxid-Methan-Kreislaufwirtschaft nach dem iC4-Konzept anderen Konzepten vor, in deren Mittelpunkt Energiepflanzen stehen. Es könnte sein, dass das Wiederverschwinden des Biodiesels aus Rapsöl mit Einschätzungen korrespondiert, aufgrund derer der Chemiker einer Einbindung der Landwirtschaft in den Energiesektor Skepsis entgegenbringt. Bernhard Rieger vergleicht Aufwand und Ertrag, hat eine Vorstellung zum Umfang, in dem mit Pflanzen erzeugte Sprit mineralölbasierte Kraftstoffe ersetzen kann und weiß, dass mittlerweile der auf der Erde bebaubarer Boden einen begrenzenden Faktor darstellt.
br4459 Da habe ich meine ganz eigene Meinung. [...] Wenn wir über die Skala reden, über die Volumina, über die wir zum Schluss reden müssen, kann ich mir nur [schwer] vorstellen, dass das auf dem Acker passiert. Eins ist für mich vollkommen klar: Ich bin kein Verfechter von Energiepflanzen die Stoffe erzeugen, die wir zum Autofahren nutzen. Alles, was im Prinzip mit Nahrungsmitteln konkurriert, ist für mich ethisch nicht vereinbar. br4549 Es gibt sicherlich einige Substanzen: Lignin und dergleichen, die man so umbauen kann, dass sie hinterher verbrannt werden können, nichts anderes tun wir, und das ist dann auch ok, weil die natürlich nicht mit Nahrungsmitteln konkurrieren. Aber Sie müssen die ja immer sammeln, müssen die trocknen, dann müssen sie sie chemisch umbauen, ... Und da ergibt sich sofort ein Argument, für unseren Weg, weil wir diese ganzen Umbau- und Zusatzleistungen nicht haben. br4638 Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir wirklich signifikante Mengen an Treibstoff auf Dauer aus Bioprodukten generieren. br4648 Der zweite Punkt kommt dazu, den ich für mich sehr kritisch sehe: In der Mehrzahl stellt die Natur außerordentlich komplexe chemische Strukturen her. Was wir an der Stelle tun, ist dass wir in vielen Fällen die Komplexität dieser wunderbaren Strukturen entfernen, dafür brauchen wir wieder Energie, dass wir die entfernen. Deswegen ist das zumindest nicht mein Weg. Wir sind an Bioprojekten beteiligt, aber wir wollen die hohe Funktionalität in chemischen Grundstoffen aus biologischen Vorlagen erhalten. Das geht für mich eher in den Material- und Wirkstoffbereich. Aber ich werde mich nicht an Projekten beteiligen, in denen Energiestoffe aus biologischen Vorläufern erzeugt werden.
Wie eine Verheißung wirkt das Konzept einer Energie-Kreislaufwirtschaft sicher. Doch fragt sich, wie will man dem Bürger hierzulande erklären, dass nun neben regenerativer Stromerzeugung und leistungsfähigeren Netzen hinter einer Tafel "iC4" noch eine dritte große Baustelle aufgerissen wird... Wie will der Staat den Bürgern nahelegen, dass er noch ein Energiewendeprojekt mitfinanzieren soll...
br3808 Das ist eine Frage, ich schmunzle da leicht. Ich glaube, das muss man nicht nahe legen, das ist ein Gebot der Vernunft. Die Deutschen haben sich entschlossen, aus der Atomenergie auszusteigen. Die Deutschen haben sich entschlossen, dass wir beim atmosphärischen CO2 eine Vorreiterrolle spielen. Und wenn wir uns dazu entschlossen haben, dann ist es nicht etwas, was man ihnen nahe bringt, sondern dann ist es eine logische Konsequenz, dass man nicht einfach dasitzen kann, sondern, dass man was tun muss. Und einer der Wege, den man tun muss, ist zum Beispiel nach Energiespeichern zu suchen. mh3847 Anders gefragt: Springt für die vielleicht irgendwann etwas heraus... mh3850 Das ist die richtige Frage. Ich glaube, keiner der Industriepartner und auch die TUM würden so etwas als "blue sky research", also "Unter dem blauen Himmel Forschung" betreiben, machen, weil es so schön ist. Sondern es geht schon um ... Also für mich geht es schon um meinen persönlichen Beitrag zu dieser Frage neue Energieformen. Das ist nicht nur mein wissenschaftliches Interesse, sondern ich habe diesen Aufwand schon auf mich genommen, und zwar gern, weil ich an der Stelle meinen Beitrag leisten will. Das meine ich nicht schmalzig und ehrerheischend, sondern es ist so, dass mich das Thema massiv interessiert. Und dass ich denke, wir brauchen wieder Technologien, die aus unserer Mitte kommen, die in der Welt bekannt werden, und gebraucht werden, und mit der Technologie anzufangen, das halte ich für ganz hervorragend.
So weit Bernhard Rieger von der Technischen Universität München, Initiator eines iC4 genannten Forschungs-Verbunds für eine Energie-Kreislaufwirtschaft mit Kohlendioxid und Methan. Weitere Gesprächspartner waren Andreas Geisbauer von der Süd-Chemie und Rolf Bank von MAN Turbo und Diesel. Die Redaktion dieser Trotz alledem - Ausgabe hatte Markus Hiereth und ich wünsche Ihnen weiterhin interessante Stunden mit dem Programm von LORA München, wo um 18 Uhr das LORA Magazin folgt.