Markus Hiereth
Markus Hiereth
1201ho4.html
10.02.2012

Schulgebrauch aus Gelegenheit:
"Honigmonitoring" mit der Flughafen München GmbH

Die Flughafengesellschaft zelebriert das Ergebnis eines P-Seminars von 14 Schülerinnen und Schülern des Moosburger Karl Ritter von Frisch - Gymnasiums. Im Honig des Flughafenumlands waren keine Schadstoffe der Jets gefunden worden - was zu erwarten war.

Im Jahr 2009 veranstaltete die Regierung von Oberbayern in Unterschleißheim eine Anhörung. Es ging um den von den Betreibern verfolgten Ausbau des Münchner Flughafens mit einer 3. Startbahn. Unter den im Planfeststellungsverfahren enthaltenen umweltbezogenen Gutachten befand sich eines aus der Feder von Dr. Monica Wäber. Ihm zu entnehmen war, dass Honig des Flughafenumlands nicht mehr der polyzylischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalte als der Honig eines vergleichbaren flughafenfernen Standorts.

Martin Widhopf von der Bürgerinitiative Pulling, selbst Imker, warf der FMG in diesem Zusammenhang vor, die Behörden und die Öffentlichkeit täuschen zu wollen. PAKs wie Naphthalin, Phenanthren und das krebserregende Benzpyren seien im Honig selbst dann nicht zu erwarten, wenn Bienen ihren Nektar in einem stark belasteten Areal sammelten. Verständlich wird dies aufgrund des Lösungsverhaltens diese Verbrennungsrückstände aus den Triebwerken: Als fettliebende Stoffe gehen sie in das Wachs über; bleiben beim Schleudern also in den Waben zurück. Der Honig enthält nurmehr schwer messbare Spuren davon.

Als Indikator für Folgen des Flughafenbetriebs ist Honig demnach ungeeignet. Vermutlich deshalb bezeichnet die Flughafengesellschaft solche Untersuchungen mittlerweile konsequent als "Honigmonitoring". Betrachtet wird nur das Lebensmittel, nicht die Luft. Dass reine Lebensmittel und reine Umwelt einhergehen, ist eine zu schlichte, hier definitiv falsche Anschauung. Doch die Öffentlichkeitsarbeiter der FMG und anderer Flughäfen fahren gut mit ihr.

Zur Durchführung von Praxisseminaren (P-Seminaren) für 11. und 12. Klassen sind die Gymnasien auf externe Partner angewiesen. Die FMG zählt zu den größten Unternehmen der Region Erding/Freising, Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ist personell und finanziell bestens ausgestattet. Die FMG hat eine eigene Ausbildungsabteilung. Entsprechend häufig finden Kooperationen mit Schulen des Umlands statt. Themen von P-Seminaren für Gymnasien waren und sind im Feld Technik, Logistik, Kommunikation, Gestaltung angesiedelt. Zum Abschluss des P-Seminars "Honigmonitoring" gab die FMG folgende, von den örtlichen Zeitungen aufgenommene Presseerklärung heraus:

Die Flughafen München GmbH (FMG) und die Schulen aus der Airport-Region haben ihre erfolgreiche Kooperation bei den sogenannten Projekt-Seminaren für Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe fortgesetzt. Die Ergebnisse von fünf Projekt-Seminaren wurden jetzt im Rahmen einer Feierstunde im Terminal 1 des Münchner Airports präsentiert.

Ausführlich dargestellt wurden die Erkenntnisse aus dem Honigmonitoring, das von insgesamt 14 Schülern des Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasiums in Moosburg durchgeführt wurde. Sie hatten sich an die komplexe Aufgabe gewagt, einen möglichen Einfluss des Flughafenbetriebs auf den Honig in der Region festzustellen. Auf einem Grundstück im Moosburger Raum hatte das ‘Honig-Team’ ein Bienenvolk betreut und Honig gewonnen. Das ‘Analyse-Team’ ließ die Eigenproduktion in enger Zusammenarbeit mit den Experten der FMG und Dr. Monica Wäber vom unabhängigen Gutachterbüro UMW Umweltmonitoring untersuchen und von einem ‘DVD-Team’ filmisch dokumentieren. Flankiert wurden die Maßnahmen von einem‘Broschüre-Team’, das für die Außendarstellung des Projekts verantwortlich zeichnete.

Fazit der Untersuchungen: Der von den Schülern gesammelte Honig wies keine Belastungen auf. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erkenntnissen, die die FMG selbst in ihren seit 2008 durchgeführten Analysen gewonnen hat. Eine eigene Ausstellung im Terminal 1, Abflug B, Ebene 05 informiert noch bis Ende Januar über das bemerkenswerte Projekt der Schüler aus Moosburg.

Ausstellung zum Honigmonitoring
Flughafen Terminal 1, Aufnahme vom 14.01.2012
Bei der Präsentation der Ergebnisse am Flughafenterminal bezeichnete Peter Maeke, Chefkoordinator und Ansprechpartner für Schulen das Honigmonitoring als "Premium-Projekt". Es wurde als Aspirant eines "Projektpreises 2012" gehandelt. Bei den "Nachhaltigkeitstagen" des Flughafens sollten die Moosburger Schülerinnen und Schüler nochmal mit Postern vertreten sein.

Zwei der sechs Tafeln behandeln die Analysen. Auf Tafel 3 sind die Ergebnisse des Honigmonitorings in Hinblick auf Schadstoffe zusammengefasst:

Die vom Analyseteam entnommenen Honigproben wurden ebenso wie die Proben, die der Flughafen München zur Verfügung gestellt hat, der TUM in Weihenstephan übergeben. Dort wurden die beiden Proben auf Schwermetalle analysiert. Die Werte in beiden Proben sind niedrig und deutlich unter den Höchstmengen vorgeschriebener Richtlinien. Die beiden Proben wurden von der TU an die Agrolab Laborgruppe weitergegeben, die dann eine Analyse auf PAK (polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe) durchgeführt hat. Diese sind zum Teil krebserregend und entstehen unter anderem bei der Verbrennung von Kerosin, Auch der Richtwert für Benzo[a]pyren als Leitsubstanz der PAK wurde bei beiden Proben nicht überschritten.

Zahlen finden sich nicht. Tafel 4 zeigt Tabellen und drei Massenspektrogramme zu Inhaltsstoffen verschiedener Honige. Allerdings repräsentierten die Zacken dort nicht Schadstoffe, sondern aromagebende Komponenten des Honigs.

Ein Foto zeigt Pollen und Bienenwachs als weiteres Probenmaterial. PAK-Befunde dazu tauchen nirgendwo auf und es ist unklar, ob an diesen Proben überhaupt Messungen vorgenommen worden sind.

Die Schulleitung blieb auf Fragen zur Vorgeschichte des Seminars diffus. Ablauf und Ergebnisse seien auf den am Flughafen gezeigten Tafeln hinreichend dokumentiert. Die Broschüre wurde nicht zur Verfügung gestellt, weil darin im wesentlichen auch nur die Ausstellungstafeln zu sehen seien.

Der bei einer ersten Kontaktaufnahme gegebene Hinweis, dass es die Schülerinnen und Schüler selbst seien, die sich die Themen für P-Seminare aussuchten, klärte meines Erachtens nichts. Entscheidend dürften die an sie herangetragenen Angebote sein. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand kam dieses von der Schule.

Nachsatz

Der Flughafen München GmbH gelang es auch im Jahr 2015 noch, Berichterstattung im eigenen Sinne anzustoßen. So ging es der Abendschau des BR am 11.05.2015 um am hiesigen Flughafen gehaltene Bienen und ihrem Honig. Dabei hatte der NDR am 08.09.2010 dem Thema eine ganze Sendung gewidmet. Redakteurin Kristina Gruse stellte wichtige Fragen und schloss mit einer frappierenden Einsicht:

Verschaukelt Hamburg Airport seit elf Jahren Medien und Öffentlichkeit? An der Honigkampagne klebt jetzt zumindest der Verdacht. Es geht darum, dass wir bei Ihnen am Flughafen waren und sinngemäß Ihre Werbung sagt "Sauberer Honig bedeutet saubere Luft und wir haben jetzt recherchiert dass das so gar nicht stimmt und hätten dazu gerne eine Stellungnahme. Mir wird klar, dass die deutsche Presse jahrelang Instrument einer Pressekampagne war, die in Hamburg erfunden wurde ...