Radio Lora, München
Markus Hiereth
© Markus Hiereth
www.hiereth.de
1201en22
31.01.2012

ENERGIEWENDE IN DER PRAXIS
Das Nebeneinander von Strom aus fossilen und erneuerbaren Energien

Anmoderation

Durch den geplanten Ausstieg aus der Kernenergie hat Stromerzeugung aus regenerativen Energien unvermittelt an Bedeutung gewonnen. Kritiker des ökologischen Stroms führen immer zuerst an, dass dieser nicht unbedingt dann verfügbar sei, wenn man ihn brauche. Die TU München organisierte jüngst einen Workshop zur Energieversorgung von morgen. Das aktuelle Nebeneinander von konventionellen Kraftwerken einerseits sowie Photovoltaikanlagen und Windrädern andererseits beschrieben zwei Referenten.


Audiodatei unter
http://www.hiereth.de/multimedia/1201en2-2.ogg
8 MByte / 4 min 59 s

Beitrag

Hartmut Spliethoff, Inhaber des Lehrstuhls für Energiesysteme an der TU München konzentrierte sich auf den in Deutschland vorhandenen Kraftwerkspark. Wie werden Erzeugung und Nachfrage in Deckung gebracht? Spliethoff präsentierte für verschiedene Kraftwerkstypen zwei Kenngrößen: Wie rasch kann die Stromerzeugung gesteigert beziehungsweise gedrosselt werden? Und, über welchen Bereich ist sie überhaupt regelbar? Um nur die wichtigsten Zahlen wiederzugeben: Die Kernkraftwerke werden gegenwärtig zwischen 50% und voller Last betrieben. Die entsprechende unterste Grenze für Kohlekraftwerke liegt bei etwa 25%; zwischen Sparflamme und Liefermaximum steht bei ihnen also der Faktor vier. Ausschalten und Inbetriebnahme sind jedoch aufwendig, weswegen man das eher meidet.

Vom Feld betagter Anlagen setzte sich der modernste Kraftwerkstyp in praktisch allen Anforderungen positiv ab. Kein Wunder, dass Willibald Fischer gern über das Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk von Irsching bei Ingolstadt berichtete, hat seine Firma Siemens doch diesen Typ im Katalog. Bestellt hat es Eon und seit Juli 2011 ist es im regulären Betrieb. Das heißt, es wird am Morgen bei Bedarf angeworfen und nachts vom Netz getrennt. Andere Typen kämen beim 24-Stunden-Rhythmus nicht mit. So erachtet Fischer ...

fw

... unsere Gas- und-Dampfturbinenkraftwerke als Ergänzung zu dem Thema Energiewende. In einem Netzumfeld, das viel dynamischer wird durch die Einspeisung von Erneuerbaren, werden die mehr und mehr benötigt. Wind weht nicht immer, nachts keine Sonne. Sie haben eine Divergenz zwischen Verbrauch und Erzeugung, das müssen sie über Gaskraftwerke oder andere flexible Kraftwerke ausregeln.

Maximal kann das Kraftwerk 570 Kilowatt einspeisen, was einem halben Atomkraftwerk entspricht. In seinem Referat hatte Hartmut Spliethoff schon vorausgeschickt, dass die Anlage von Irsching bezüglich Wirkungsgrad ein Weltrekordler sei: 61 Prozent der Primärenergie des Brennstoffes Gas gehen als elektrische Energie ins Netz. Verantwortlich dafür ist ein Zweistufen-Prinzip: Die Verbrennung in einer Art Triebwerk bringt einen Generator auf Touren. Das glutheiße Abgas erzeugt anschließend Dampf, welcher in einer zweiten Turbine weiteren Schub auf den Generator bringt. Gas ist überdies ein relativ sauberer Brennstoff. Daher zeichnen sich die sogenannten GuD-Kraftwerke unter den mit fossilen Energieträgern betriebenen aus durch ...

wf

... extrem niedrige Schadstoffemission Stickoxid, CO. Durch den hohen Wirkungsgrad sehr niedrige CO2-Emissionen. Gaskraftwerke sind sehr umweltverträglich.

Welche Haltung nimmt der Gaskraftwerks-Spezialist Willibald Fischer gegenüber Wind und Strom, also dem Lager grüner Stromerzeuger ein? Wurmt ihn, dass sein Produkt vor allem als Lückenbüßer dient? Für welchen Zeitraum soll das so sein, wann versorgen wir uns zu 100 Prozent regenerativ?

wf

Ich hätte vor 10 Jahren nicht geglaubt, dass wir heute 20% Einspeisung in Deutschland haben aus Erneuerbaren. Wenn sie bereit sind, das weiter zu subventionieren, können sie das weitertreiben. Technologisch ist das machbar.

Auf dem Gebiet der Speicherung überschüssigen Stroms aus Sonne und Wind ist bisher wenig geschehen. Prinzipiell aber könnten moderne Kraftwerke immer soviel liefern, dass der momentane Strombedarf gedeckt ist. Was wäre an diesem Konzept zu kritisieren? Willibald Fischer räumt ein, dass ein nur bereitstehendes Kraftwerk nicht an Wert verliert.

wf

Sie haben letztlich keinen Wertverlust. Wenn die Anlage steht, erzeugt sie keinen Strom und keine Einnahmen. Da ist die Frage für die Betreiber, bis zu welchem Mindesteinsatzprofil muss die Anlage gesichert am Netz sein, damit ich meine Fixkosten und meine variablen Kosten decken kann. [...] Sie haben die Investkosten, die haben sie getätigt. In der Regel müssen sie die Anlage finanzieren. Wenn sie sie nicht finanziert haben, können Sie die Gegenrechnung machen: Was würde ich mit meinem Geld sonst machen und als Verzinsung erhalten?

Das Problem wäre demnach kein technisches, sondern eines, das bloß in der Renditeerwartung für einen gewissen Kapitaleinsatz fußt.

Abmoderation

Vom anderen Ende des Stromnetzes, wo grüne und schwarze Erzeuger konkurrieren und koexistieren, berichtete Markus Hiereth.