Radio Okerwelle
Markus Hiereth Radio Okerwelle, Braunschweig
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10.2008

SONDERAUSSTELLUNG "MUMIEN - ZEUGEN VERGANGENEN LEBENS"

Anmoderation

Die Rolle der Mumie im Kino ist klar abgesteckt. Sie kommt aus dem Totenreich, verbreitet Schauder und erwarten braucht man sich von ihr nur Böses oder gar den Tod. Von Mannheim über Kiel transportierten Spezialspediteure ein Ensemble von Mumien der Reiss-Engelhorn-Museen nach Braunschweig. Den restlichen Weg für ein persönliches Kennenlernen sollen ihnen - so stellt man es sich im Naturhistorischen Museum Braunschweig vor - die Menschen der Region abnehmen, denn das Museum zeigt die Mumien als "Zeugen vergangenen Lebens" seit heute in einer Sonderausstellung.

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Beitrag

Der Inhalt der ersten Vitrine befremdet. Es ist ein schwarzer Klumpen, erst bei eingehender Betrachtung fällt darin eine Reihe von Zähnen auf. Ein Foto daneben zeigt ein Bord mit mehreren Porzellanflaschen darauf. Eine ist mit "Mumia vera" zu deutsch "Echte Mumie" etikettiert. Heilung oder Verderben durch Mumien - weiter könnte der Bogen der Erwartungen nicht gespreizt werden. Wilfried Rosendahl klärt die Beziehungen auf.

In der Barockzeit und der Renaissance war das eines der bekanntesten Heilmittel. Ein Mittel gegen alle Wehwehchen. Heute wissen wir natürlich, das war der Glaube ans Mittel, aber nichts an Heilsubstanz.

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Dem Mannheimer Forscher zufolge lag eine Dreiecksbeziehung vor: Asphalt wurde in der mittelalterlichen und orientalischen Medizin in Salben zur Behandlung von Geschwüren und Knochenbrüchen benutzt. Schwarz waren auch Substanzen auf den sterblichen Überresten menschlicher Körper.

Mumie leite sich ab vom arabischen "mum", Asphalt und Teer, eine Heilsubstanz. Das ist lateinisch die "mumia" gewesen und diese Substanz hat man übertragen auf die guterhaltenen ägyptischen Körper, wo es schwärzliche Reste gab und daraus ist dann "die Mumie" geworden.

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Die unverwesten Körper bekamen so ihren Namen "Mumien". Die Kreuzritter und der spätere Fernhandel erachtete beides als gleichgut und schaffte pulverisierte "mumia vera" ins Abendland. Im ersten der drei Räume dominiert das Tier. Die Schau vermittelt, unter welchen natürlichen Bedingungen von Lebewesen Mumien zurückbleiben können. Den zweiten Raum belegen Funde aus Ägypten. Sie leiten in zweifacher Hinsicht auf den dritten Bereich der Ausstellung über: Denn erstens waren Wilfried Rosendahl zufolge die Ägypter diejenigen, die die in der Natur zur Mumifizierung nötigen Umstände zur Kenntnis nahmen, diese daraufhin praktisch ausnutzten und daraus die Balsamierung entwickelten. Zweitens wandten sie diese Technik nicht nur auf Menschen an. So wirft ein ellbogenlanges Stoffbündel mit einer stumpfen und einer spitzen Seite die Frage auf, was darin ist. Die Antwort, ein Vogel, der den Ägyptern heilige Ibis, lieferten moderne Untersuchungsmethoden wie die Computertomographie. Eine frappierende Menge an Erkenntnissen über das Leben und das Ende der Tiere und Menschen wurde zusammengetragen und dennoch ...

... Die Körper sind völlig unverändert und sehr ruhig, so belassen, wie sie sind. Aber die CT-Animation auf Großbildschirmen macht es möglich, von der Ansicht der Mumie, wie sie sie in der Vitrine sehen, in den Körper hinein eine Reise darzustellen und bestimmte Dinge zu punktieren, wie Balsamierungssubstanz in dem Hirnschädel oder die Glücksbringer in den Händen der Frau aus Südamerika.

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Diese Ausführungen Wilfried Rosendahls beziehen sich auf den letzten und dritten Ausstellungsraum. Dort liegen Mumien mit jedem Quadratzentimeter bloßer ledriger Haut hinter Glas.

Mumien sind nicht schön und nicht hässlich. Man sollte mit einer neutralen Einstellung kommen. Man sollte eine Ehrfurcht mitbringen. Die Mumienobjekte sind Bestandteil der Erde, des Natursystems. Sich als Lebender nicht mit dem Tod zu beschäftigen wäre das Verbannen eines wichtigen Teiles.

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Abmoderation

So weit mein Bericht vom ersten Rundgang in der Ausstellung "Mumien - Zeugen vergangenen Lebens" im Naturhistorischen Museum Braunschweig an der Pockelsstraße 10. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 9 bis 17 Uhr, mittwochs bis 19 Uhr. Der Eintritt beträgt 5 Euro, für Kinder 2 Euro; diese sollten nach Auffassung des Museums nicht jünger als acht Jahre sein. An Führungen können Sie sonntags um 10, 11, 12, 14, 15 und 16 Uhr teilnehmen.