Anmoderation
Was in der Innenstadt von Salzgitter Lebenstedt am vergangenen Samstag vor sich gehen würde, hat viele Seiten beschäftigt: Die Stadtverwaltung, Gewerkschaften, im Rat vertretene Fraktionen, zwei Verwaltungsgerichtsinstanzen sowie die Einsatzplaner der Polizei. Angesagt war ein Bürgerfrühstück, im letzten Moment zugelassen wurde auch die Kundgebung eines Bündnisses mit dem Namen "Freie Patrioten Niedersachsens". Markus Hiereth sammelte Eindrücke und Aussagen vor Ort. Von Hans-Gerd Wiechmann wollte er erfahren, was kundzutun sei.
Beitrag
...wir wollten hier versuchen dem Bürger zu vermitteln, dass auch in Niedersachsen ein Programm existiert, was nicht rechtsextremistisch ist, sondern erzkonservativ, wir möchten den Eindruck erwecken, dass wir nicht die letzten von gestern sind, sondern unter Umständen die ersten von morgen.
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Die Frage, welche Probleme der Kundgebungsinitiator aus Lüneburg mit Rechtsextremismus hat, überraschte ihn und er wich aus.
Ihre Fragestellung kann ich nur so dahingegend beantworten, dass man den Begriff Rechtsextremismus definieren müsste.
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Zahlreich erschienene Salzgitteraner, die den durch Absperrungen freigehaltenen Lebenstedter Rathausplatz umringten, bekamen an diesem Tag keinen Stoff für ein eigenes Urteil. Viele wünschen das auch nicht.
Ich hoffe, dass die Rechten gar nicht in die Lage versetzt werden, hier aufzulaufen und ihre Parolen kundzutun.
0830
Angespannte Stimmung herrschte ab elf Uhr, dem angekündigten Beginn der Veranstaltung der "Freien Patrioten Niedersachsens". Wenig zuvor hatte der Salzgitteraner Bundestagsabgeordnete Sigmar Gabriel sein Publikum bei der Manifestation von "Salzgitter passt auf" eingeschworen, aufmerksam zu zuzuhören, was rechte Rand von sich gibt:
Machen wir uns nichts vor. Wer die Reden neuer Nazis hört, [...] wer die Broschüren liest, wird feststellen, dass dort auf viele Themen zurückgegriffen wird, die auch uns Sorgen machen. [...] Sie sind schlauer geworden in der Art, wie sie argumentieren und reden über Dinge, die uns auch Sorgen machen: Globalisierung, Arbeitslosigkeit, auch darüber, dass es häufig zwischen Deutschen und Ausländern auch in unserem Land Probleme gibt.
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Der Umweltminister appellierte daher, unter Demokraten die gesellschaftlichen Probleme ernsthaft und engagiert zu erörtern. Während Gabriel den Streit als den richtigen Weg politischer Auseinandersetzung wies, erklärte Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel seine Freude über das Zusammenkommen beim Salzgitteraner Bürgerfrühstück und vor allem die Harmonie, die dieses prägt.
Heute zeigen wir das wahre Salzgitter mit einem Fest für Demokratie und Menschenrechte. Unser Salzgitter ist tolerant, unser Salzgitter steht anderen Kulturen und Religionen offen gegenüber ...
fk0119
Das Bündnis "Salzgitter passt auf" hatte unter Klingebiels Schirmherrschaft 3000 Menschen, jung und alt, Deutsche und Einwanderer hierher kommen lassen. An einem Strang ziehen zu wollen, erklärten der SPD-Umweltminister und der CDU-Bürgermeister bei einem neuen Antrag auf Verbot der NPD. Dass die niedersächsische Landtagswahl vor der Tür steht, ist beiden Rednern bewusst. Von einem Effekt für das Bündnis "Freier Patrioten Niedersachsens" haben sie wohl keine Kenntnis erlangt; er ist nachzulesen in einem nationalistischen Internetforum. Von den vier Gruppierungen, die auf der Liste von Rednern des Tages waren, zog sich die so genannte "Bürgerbewegung Pro Hannover" zurück. Begründet hat sie diesen Schritt mit einer Absprachen zuwiderlaufenden Wahlempfehlung für die NPD.
Welche Bedeutung Zwist und Animositäten für den Verlauf des Samstags hatten, bleibt Spekulation. Jedenfalls hastete um 11 Uhr 18 ein schmächtiger junger Mann mit eingerollter Fahne über die Albert-Schweitzer-Straße. Der junge Mann mit Stoppelfrisur sitzt später auf den Stufen vor der Rathaus. Fragen möchte er sich keine stellen lassen. Die Gruppe Punker auf der anderen Seite der Absperrung meint, Worte seien diesen Kreisen gegenüber sowieso sinnlos.
Ich denke, belehren kann man sie nicht - Auf die Fresse hauen. - Ohne sie wär's auch langweilig.
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Eine kleines Grüppchen Jugendlicher tritt in angemessenem Abstand vor den Polizeibeamten von einem auf das andere Bein. Dort gibt es folgende Antwort auf die Frage nach den Erwartungen an den Tag auf Salzgitteraner Asphalt.
Polizeigewahrsam, Schlägerei, das ganze Programm.
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Nachgefasst, wen sie als ihre Kontrahenden ansehen
Die Justiz in Form von Polizei, die Rechtsradikalen und die Ausländer, die Vorurteile gegenüber uns haben, weil wir halt' mit Glatze teilweise rumrennen, dann halten uns viele für Nazis.
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Doch derlei Verwechslungen sollten sie entschuldigen, denn wer kennt sich mit den sich überschneidenden und sich wiedersprechenden Dresscodes aus. Auf Punkerjacken steht einen Spruch in Frakturschrift, Militärstiefel sind überall angesagt, der angesprochene junge Mann lüpft die Kapuze und deutete auf seinen kahlgeschorenen Kopf. Immerhin äußert er sich auf die Suggestivfrage, wie diese Rechten auf andere Ideen zu bringen seien, wie erhofft.
Eigentlich nur durch persönliche Gespräche, von Mann zu Mann. Wenn man als einzelner denen gegenübersteht, die lachen einen aus.
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Gespräche über Nationalismus, zu dessen Grenzen und dessen Kennzeichen, müssten für Kundgebungsinitiator Hans-Gerd Wiechmann etwas alltägliches sein.
Der Nationalsozialismus, den können sie nicht einfach mit Nationalismus gleichsetzen, der war eine Weltanschauung und der hatte auch Expansionsansprüche.
hw0633
Ein Nachhaken an diesem Punkt lag auf der Hand.
Nein, also wir, wenn sie sich umschauen und die Kameraden ansehen, dann glaube ich nicht, dass wir große Expansionsansprüche stellen.
hw0653
Diese Versicherung könnte allerdings den Umständen geschuldet sein. In der Mitte des fußballfeldgroßen Rathausplatzes bleibt es an diesem Vormittag bei einer Art Gesprächskreis, keine zwanzig waren da. Auf die Gelegenheit zu öffentlicher Rede verzichtet haben Hans-Gerd Wiechmann und der "Freie Nationalist" Christian Worch. Eine "Blamage" kommentierte ein Zuschauer diese nationale Veranstaltung erfreut.
Abmoderation
Ohne die Rechten "wär's auch langweilig", so sprudelte es aus einer junge Punkerin hervor. Sie haben es vielleicht im Beitrag gehört. Bedauerlicherweise kam es vor Abzug der Nationalisten zu zwei problematischen Situationen: Eine Sitzblockade, die sich auf Bitte von Frank Groß vom Bündnis "Salzgitter passt auf" nach zehn Minuten wieder auflöste. Eine Stunde später kam es zu Flaschenwürfen und Gewalttätigkeiten zwischen Jugendlichen und der Polizei. Eine aus 105 Personen bestehende Gruppe wurde angehalten. Wegen Verdachts auf Landfriedensbruches wurden die Personalien der Personen festgestellt und sie anschließend entlassen.