Radio Okerwelle
Markus Hiereth Radio Okerwelle, Braunschweig
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kultur/0706sh
14.06.2007

Filmbesprechung SHOPPEN

Anmoderation

Um neun Frauen, neun Männer und neunzig Minuten Film geht es nun in Pandoora. Im City-Filmtheater sah ich, Markus Hiereth, mir am vergangenen Sonntag "Shoppen" den ersten Langfilm des Münchner Regisseurs Ralf Westhoff an.

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Beitrag

Hallo, ich bin Falk. Ich suche die Liebe, deswegen bin ich hier

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Mit feierlicher, herzerweichender oder gewinnender Miene studiert Falk daheim vor seinem Spiegel, wie er seinen Spruch beim "Single-Speeddating" an die Frau bringen könnte. Die Kamera-Schaltungen in sein Probier-Spiegelkabinett wiederholen sich am Anfang des Filmes derart, dass einem diese Fitzel mit dem unausgefüllten Großstadtsingle schon fast auf die Nerven fallen. Aber über Ralf Westhoffs Film sagt dieses Fitzel viel.

Denn für die Umsetzung seines Drehbuch holte er sich junge Schauspieler von Theatern, deren Beruf es ja ist, Texte x-mal für sich üben, um dann, ohne viel Technik und Brimborium, die Zuschauer zu fesseln. Vor allem aber: In Wirklichkeit sind die angeblich effektivsten Wege der Partnersuche wohl zuallererst ein Spiel um Sein und Schein. In ihrer neuesten Ausprägung, dem Speeddating lassen sich die Interessierten auf einen ruppigen Parcours ein. Binnen fünf Minuten wollen und müssen sie ihre Schlüsse zu ihrem Gegenüber ziehen. Meisterlich schlägt Ralf Westhoff aus den Unzulänglichkeiten der Sprache Kapital und münzt Missverständnisse zum Spaß seines Publikums um.

Du willst mir sagen, dass du ein übersehenes Schnäppchen bist? - Na ja, irgendwie schon, weil ich mich ganz lange Zeit nirgendwo habe blicken lassen. Verstehst Du? - Hör mal, Schnäppchen: Ich habe dann doch die eine oder andere Party mitgenommen, in den letzten zehn Jahren. Soll das jetzt heißen: "Ich bin ein Ladenhüter?" Liegengeblieben, oder was? - Ja. Oder zumindest beziehungsunfähig.

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In seiner collageartigen Struktur, einem Hin und Her zahlloser szenischer Miniaturen, spiegelt "Shopping" bestens den Segen von E-Mailing, Chatforen und Mobiltelefonie, einen schon reflexhaften schnellen Gedanken- und Profil-Verkehr. Ausgelastet ist der Zuschauer schon damit, beim ersten Sehen die Charaktere als einzelne zu erfassen. Jens und Thorsten, Mediha und Susanna, Patrick und Jürgen, Susanne und Jule, Falk und Frank - sofort wecken sie Sympathien und Antipathien, überzeichnen menschliche Eigenarten, die Stärke und Schwäche in einem zu sein scheinen.

Ach komm, so Männer wie du, habt's doch von Frauenthemen überhaupts keine Ahnung. - Was meinst'n mit Frauenthemen. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, zwischen Männer- und Frauenthemen zu unterscheiden. - An wieviel Tagen im Monat sind Frauen fruchtbar? Da hab ich mich bis jetzt eher für die unfruchtbaren Tage interessiert. - Aha!

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So reizt es, sich bei einem zweiten Anschauen weniger von der Ausstrahlung der Charaktere fangen zu lassen, um dann der Frage nachzugehen, was sich der Autor dachte, als er unter 81 Möglichkeiten, neun Männer und Frauen zu kombinieren, einige herauspickte. Ralf Westhoffs Arbeit kommt so dicht und so überzeugend daher, dass man seinen Figuren zuliebe zu überlegen beginnt, welche Perspektive für das eine oder andere Paar bestünde.

Für einen Film, der sich auf ganz schlichte Art und Weise der Gegenwart annimmt und ihr keinen dramatischen Bogen aufsetzt, ist "Shoppen" frappierend kurzweilig. Das Publikum wird mitgenommen auf eine Achterbahnfahrt aus Seiltanz, Berechnung, Lust und Absturz. Das Speeddating, das erst im Zuge ist, sich zu etablieren, wird darin unterhaltsam und gedankenvoll zerlegt. Äußerlich ein prickelnder Cocktail, überrascht das Werk mit einem sublimen Früchtchen, vielleicht einer Herzkirsche am Grund: Denn in der Rückschau scheint es, als werbe Ralf Westhoff darin für den "zweiten Blick"; dafür, dass es sich lohnen könnte, sich auf das mühselige Suchen im Anderen einzulassen. Denn am Ende steht eines fest: An jeder Figur war etwas das Verstehen oder sogar das Lieben wert.

Abmoderation

Käuflich ist es nicht. Uns Kulturredakteuren bei Radio Okerwelle bleibt an dieser Stelle nur der Hinweis auf eine Selbstverständlichkeit: Käuflich sind Ticket zu "Shoppen". Es gibt sie aktuell in Braunschweig, und zwar für Vorstellungen von Samstag bis Mittwoch im Cinemaxx an der Langen Straße. Diese beginnen jeweils um 20 Uhr 10.