Radio Okerwelle
Markus Hiereth Radio Okerwelle, Braunschweig
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kultur/0703ji3
05.04.2007

KREUZESTOD JESUS EINE LEGENDE?

Anmoderation

Die Feiertage stehen unmittelbar bevor. Schon die zweite Woche haben Schülerinnen und Schüler frei. Die Temperaturen und der Himmel verleiten dazu, es sich einmal nur gut gehen zu lassen. Markus Hiereth gibt die Karwoche Anlass, wieder eine nicht gängige Reflektionen biblischen Geschehens für Pandoora aufzugreifen.

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Beitrag

Mit den Weltreligionen wird der Glaube durch die Jahrhunderte getragen. Und zwar werden deren Lehren im Bündel vermittelt und beim Eintreten in eine Glaubensgemeinschaft wird nicht offen zerpflückt, welche Lehre der Täufling schon glaubt und womit er sich noch ein wenig auseinandersetzt, um sie später vielleicht zu glauben. Von der üblichen Kindstaufe einmal ganz zu schweigen. Immerhin sind die Zeiten, in welchen es gefährlich war, Teile der Bibel als menschliche Irrtümer zu deuten, vorüber. Damit kann Ostern ein Anlass sein, sich zu fragen, ob man an eine Auferstehung Jesu von den Toten, drei Tage nach der Kreuzigung, glauben kann. Schwerpunktmäßig verfolgt die ehemalige Krankenschwester Elisabeth Kwan die Geschichte der Region Braunschweig. Nüchtern nähert sie sich aber auch dem angesprochenen Punkt kirchlicher Lehre.

ich bekenne, ich zähle mich auch zu den Skeptikern. Kann mir keine Wiederauferstehung vorstellen. Es sind damals viele Leute gekreuzigt worden, das war damals die Methode. Die haben tagelang gehangen, bis sie regelrecht krepiert sind. Jesus ist nach sechs Stunden runtergenommen worden vom Kreuz,

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... da ist man mit Sicherheit noch nicht tot. Man hat ihn runtergeholt mit Erlaubnis des Amtmannes und hat ihn wahrscheinlich wiederbelebt. Da war bestimmt eine Gruppe hinter ihm her, seine Anhänger, die Wert darauf legt, dass er nicht tagelang am Kreuz hängt wie der Rest und dann verscharrt wird.

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Entrüstung könnten diese Darlegungen auslösen. Schließlich fällt dieser Jesus recht menschlich aus. Doch zu bedenken ist, dass das Nichtgestorbensein und die Bereitschaft, die eigene Lehre mit dem Leben zu bezahlen, in keinerlei Beziehung stehen. Den neutestamentarischen Bericht von der Passion Jesus erachtet Elisabeth Kwan als verlässlich.

Die Juden haben ihn für einen Gotteslästerer gehalten weil er sagte, er wäre ein Sohn Gottes und Pontius Pilatus wusch seine Hände in Unschuld, weil er keine jüdischen Gesetze verstand. Dem römischen Gesetz nach wäre Jesus nicht verdammenswürdig gewesen. Das halte ich für vorstellbar.

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Dennoch, wahrscheinlich hinterließe der Verzicht auf die "Frohe Botschaft der Auferstehung" für viele eine Lücke im Christentum. In gewissen Kirchen und Sekten pocht man ja auch darauf, dass die Bibel Gottes Wort sei. Andererseits wird, wer Europa heute damit konfrontiert, dass es eine zwei Jahrtausende alte Irrlehre akzeptiert und weiterreicht, sicher nicht bejubelt. Der Kontinent hält sich ja für schon aufgeklärt, das finstere Mittelalter währte lang genug. Zu bedenken ist allerdings in diesem Zusammenhang auch, ob Jesus nicht schon vergessen wäre, wenn einzelne Zeugnisse über ihn nicht derart spektakulär wären und aller menschlicher Erfahrung widersprächen.

... diese ganze Lehre, die damals, vor 2000 Jahren in die abergläubische Welt passte und die da bestimmt ihre Zuhörer fand. Die Leute mussten das so präsentiert kriegen, weil sie es anders nicht glauben konnten. Aber auf diesem Aberglauben hat man ganze Kirchen errichtet. Und die bestehen heute noch. Aber wo man schon zum Mond geflogen ist und noch zum Mars will, da wird man dieses Kartenhaus eines Tages auch einreißen.

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Immerhin lassen sich mit ungeordnet daliegenden Karten neue Sequenzen legen. Wenn neue Blätter dazukommen, ist das umso spannender, gerade wenn sie von islamischer Seite kommen, durch die sich der Westen immer wieder attackiert sieht. Entsprechende Zeitschriftenartikel sind schon Anfang der 1980er Jahre erschienen. Buchautoren wie Siegfried Obermeier in "Starb Jesus in Kaschmir" und Holger Kersten in "Jesus lebte in Indien" zitieren einen islamischen Gelehrten namens Fida Hassnain. Dieser verweist auf die Hauptstadt Kaschmirs als jenen Ort, an welchem Jesus zuletzt wirkte und starb, was Elisabeth Kwan als plausibel erachtet.

... Wo hat man denn Leute damals hingeschafft, es waren ja ganz andere nationale Strukturen. Da haben sie ihn außer Landes geschafft und wo hat man Leute damals hingeschafft. Und es scheint, als ob die Juden eine Kolonie hatten in Kaschmir, dieses umstrittene Land.

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Dabei formuliert Hassnain als Professor und Sufi hinsichtlich Jesus nur eine Ansicht, die in Srinagar von Generation zu Generation weitergereicht wurde und sich an einem Bauwerk festmacht.

In Srinagar steht ein kleines Häuschen, das gehört allerdings ironischerweise einem Moslem, es wird seit Jahrhunderten behauptet, dass darin das Grab Jesus sei.

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Man kann das nun glauben oder nicht glauben. Zweitausend Jahre später ist es geradeso unmöglich, die Auferstehung eines 30jährigen aus einem Felsengrab zu belegen wie das Wirken eines betagten Jesus in Srinagar zu beweisen. Jedoch soll es uralte Schriften hierüber geben. Eine befindet sich an der Bombay-Universität und wird auf das Jahr 115 unserer Zeit datiert. Sie ist in Sanskrit verfasst. Andere hingegen sind noch nicht oder werden niemals ausgewertet.

Dann ist ja auch in diesem zu Tibet gehörenden Teil, Ladakh, da gibt es diese Klöster, diese Gonpas und in einer dieser Gonpas, da gibt es ganze Berge von Schriften, und darüber wird berichtet, dass man da sehr viel über Jesus lesen könnte. Bloß, ein Wissenschaftler, den es dorthin verschlägt, auf 4000 Meter Höhe, müsste jahrelang darin wühlen und er müsste sich sehr gut auskennen, er müßte das alles zeitgeschichtlich verknüpfen, was er da liest, und ich glaube, dass die Mönche kein großes Interesse daran haben, dass ein Wissenschaftler diese Stapel von gebündelten Papieren auseinandernimmt.

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Demnach könnte eine wissenschaftliche Auseinandersetzung auf dem "Dach der Welt" fortgeführt werden. Mut verlangte es von den Kirchen, derartige Theorien nicht von vornherein zu verwerfen. Nicht "am Ende" wäre das Christentum, wenn es die Lehren eines "menschgewordenen Gottes" und seines drei Tage währendes Todes nicht mehr als seine Trümpfe ansähe. Ein vom Kreuz abgenommener, durch Syrien, Persien und Pakistan wandernder Jesus wäre nicht nur Stifter einer Religion, sondern einer, der Christen, Moslems und anderen Gläubige verbände. Seine Lehre, an inneren Beschränkungen zu arbeiten und äußere Grenzen zu überwinden, wäre Aufgabe für sie alle. Doch bleibt das Problem, welchen Rang Frieden und Einvernehmen überhaupt beigemessen wird. Darüber entzweit sich die Welt heute global und zu Jesus Zeit regional. Es ist betrüblich, aber dabei spiegeln sogar die Örtlichkeiten eine 2000jährige Kontinuität: Palästina, Damaskus, Bagdad, Kabul und Kaschmir.

Das Christentum unterscheidet sich von allen Religionen dadurch, dass es aktive Liebe lehrt. Das passte den Leuten nicht, da unten hat es immer nur Zank und Streit gegeben. Lies mal in der Bibel, da ist keine Seite, wo nicht einer dem anderen den Kopf eingeschlagen hat und das ist bis auf den heutigen Tag so. Was will man da mit der Liebe, die stört. Und ich finde, dass Jesus mit seiner konsistenten Lehre von der Liebe, dass er schon göttlich inspiriert war. Aber dazu muss man doch nicht auferstehen.

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Abmoderation

Für Radio Okerwelle thematisierte Markus Hiereth hier die Frage nach der Auferstehung von Jesus. Hinweisen möchten wir in diesem Zusammenhang auf zwei weitere Sendungen:
Die Fachredaktion Religion skizziert am Karfreitag um 18 Uhr die politisches Situation, im Jahr 30 unserer Zeit im römischen Reich geherrscht haben dürfte. Und am Ostersonntag um 16 Uhr tauschen sich ein Muslim und ein Christ darüber aus, was in den Zentralwerken ihrer Religionen über die Person Jesu ausgesagt wird.