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03.02.2024

Personalausweis mit Fingerabdruck-Abgabepflicht

19.03.2021
Christian Lindner am 21.03.2021 auf abgeordnetenwatch.de

[...] Die verpflichtende Speicherung der Fingerabdrücke halten wir Freien Demokraten für unverhältnismäßig. Die immer weiter ausufernde Datensammlung des Staates öffnet Tür und Tor für weitere Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden. Das Sichern von Endgeräten mit Hilfe des Fingerabdrucks ist heute bereits Standard. Sollte der Fingerabdruck, etwa durch Verlust oder Diebstahl des Personalausweises, nun in die falschen Hände geraten, würde das ein großes Sicherheitsrisiko nach sich ziehen. Denn im Gegensatz zum klassischen Passwort ließe sich der Fingerabdruck nicht einfach mal ändern. Zwar teilen wir das grundsätzliche Anliegen, die Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen zu erhöhen und insbesondere die Gefahren des sogenannten "Morphing" zu reduzieren. Dennoch haben wir auch aus den oben genannten Gründen den Gesetzesentwurf abgelehnt. [...]

Frage und Antwort [1] komplett auf abgeordnetenwatch.de


07.01.2023
Verräterische Daten - ein ARD-Radiofeature über die Gefahr, wenn biometrische Daten in falsche Hände gelangen

In Deutschland und auf der ganzen Welt setzen Sicherheitsbehörden auf Gesichtsbilder, Fingerabdrücke und Iris-Scans, denn mit ihnen lassen sich Verdächtige und Täter zweifelsfrei identifizieren. Europa hat große Pläne in diesem Bereich: Die EU sammelt und speichert bereits biometrische Informationen von Millionen Menschen. In Zukunft sollen diese Daten miteinander verknüpft werden. Damit hätten Behörden europaweit Zugriff darauf. Kritiker sehen eine Gefahr, die andernorts bereits Realität ist. Rebecca Ciesielski und Maximilian Zierer begleiteten einen IT-Sicherheitsexperten, der auf Fälle unverantwortlichen Umgangs mit solchen Daten gestoßen war. 'Unverantwortlich' - denn nach politischen Umstürzen oder einer Niederlage im Krieg beschert er akute Lebensgefahr.

Näheres [2] zur Sendung und Audiodatei [3] in der BR-Mediathek


14.04.2023
Schreiben der Gemeindeverwaltung. Darin die Aufforderung, einen neuen Personalausweis zu beantragen. Am Ende heißt es darin, man stehe für Rückfragen zur Verfügung.


09.07.2023
Rückfrage, ob eine Verwaltungskraft mir zur Anfertigung der Abdrücke die Finger führen wolle und dieser Vorgang so dokumentiert werden könne.


15.10.2023
Schreiben der Gemeindeverwaltung ohne Antwort auf meine Frage. Stattdessen wird ankündigt, beim Landratsamt ein Bußgeldverfahren einzuleiten.


Pro und Contra (1)

[...] In Deutschland sehe ich das unkritischer. Hier haben wir, eine zu allergrößten Teilen, korruptionsfreie Strafverfolgung. Es gibt keine politischen Gefangenen und man wird nur verhaftet und verurteilt, wenn man tatsächlich gegen geltende Gesetze verstoßen hat. (Da ist die Unschuldsvermutung ein maßgeblicher Beitrag). Hier wäre es also ein gutes Mittel zur effektiveren Strafverfolgung. Ob die Privatsphäre da irgendwie eingeschränkt wird, glaube ich nicht. Dafür ist der Einzelne viel zu unwichtig, um extra einen Beamten in seinem Keller auf die Nachverfolgung von allen zurückgelassenen Fingerabdrücken anzusetzten.

Ich finde nicht, dass die Menge effektiv schützt. Wenn sich durch technische Filterung bei Routinekontrollen die Träger unerwünschten Verhaltens einfach und effektiv ausfindig machen lassen und an ihnen Exempel statuiert werden, bewegt sich auch die Masse rasch in eine gewisse Richtung. Sie zensiert sich dann selbst und verabschiedet sich freiwillig von Freiheiten.

Auf Wikipedia [4] wird dies als "Chilling effect" beschrieben - von "to chill" für "abkühlen" oder "verschrecken". Versuche ließen sogar schließen, dass der sich durch die eigene Beschränkung aufbauende Druck innerhalb von Gruppen weitergegeben wird, also Menschen gegenüber anderen tendenziell agressiv werden.

[...] Und durch die Nutzung von Payback, Facebook oder Google hat man sich eh schon zum gläsernen Menschen gemacht. Da ist aber auch das Individuum unwichtig und es werden nur Daten gesammelt.

Ein Beispiel für die Irrationalität der Masse: Inzwischen gibt es bei Ebay keine Bezahloption mehr, die für mich passt. Deswegen bat ich bei meinen jüngsten Käufen die Verkäufer, mir ihre Kontonummer zu nennen, damit ich ihre Ware durch Überweisung im Voraus bezahlen kann. Deren Einverständnis war nicht mehr sicher! Offenbar fürchten nicht wenige, wer ihre IBAN habe, wird ihnen im zweiten Zug per Lastschriftverfahren ins Konto greifen. Daher wollen nun auch viele ihre Kontonummer schützen. So geht vom Zahlungsverkehr ein immer größerer Teil von Banken auf Zahlungsdienstleister über. Mit deren abstrakten Geschäftsbedingungen wiederum geben sich die wenigsten ab und die Transaktionskosten für das ganze bleiben unbeachtet, weil sie generell den Verkäufer belasten, der sie allerdings durchaus in seiner Kalkulation berücksichtigen wird.


18.10.2023
Mail an die Gemeindeverwaltung mit Hinweis auf die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Hamburg (siehe Pressemitteilung [5] Digitalcourage e.V.).


Pro und Contra (2)

Ich frage mich aber inzwischen, ob dieses Instrument nicht doch sinnvoll und akzeptabel ist, um eine verlässlichere Identifikation im internationalen Reiseverkehr und ggf. auch im Inland zu erreichen. Dass das erst voll wirksam wird, wenn es über eine zentrale Datenbank läuft, ist klar. Und dass diese kommen wird, halte ich für sehr realistisch.

Vorab: Laut Digitalcourage e.V. [6] kommen die abgenommenen Fingerabdrücke bloß auf den Chip des Personalausweises. Damit helfen sie nicht gegen Versuche einer Person, sich mehrere Identitäten anzueignen und dies kriminell oder betrügerisch auszunutzen.

An der weiter gehenden Zielsetzung einer verlässlicheren Identifikation trennen sich wohl unsere Haltungen. Ich beobachte, dass immer mehr Einschränkungen wirksam werden, immer mehr Kontrollen sollen erfolgen. Werden nicht immer mehr Merkmale einfach für Kontrollen herangezogen, weil die Digitalisierung es möglich macht? Leben wir wirklich in immer gefährlicheren Zeiten? Die Zahlen sagen meines Wissens anderes. In die andere Richtung, also dass Einschränkungen und Kontrollen zurückgenommen werden, geht es seltenst.

Im Januar stieß ich auf Friedemann Karigs exzellenten Essay "Befallen vom Überwachungsvirus" [7] . Verfasst wurde er 2015. Das war eines der schweren Jahre, in welchen ein "Islamischer Staat" samt Unterstützern mit Erfolg ihr Rezept "Macht und Aufmerksamkeit durch Blut und Terror" anwendete. Und es war fünf Jahre vor einer Pandemie, die jeden etwas über Viren und Ansteckungsketten gelehrt haben sollte.


02.11.2023
Durch Gespräche mit Kollegen und Nachfrage beim persönlichen Erscheinen im Bürgerbüro erfahre ich, dass Kommunen nicht durch Vorschriften verpflichtet werden, Bürger wegen eines abgelaufenen Ausweises anzuschreiben. Damit dürfte es auch keinen Grund für Erinnerungen und Mahnungen geben. Die Frage, ob die Gemeinde irgendeine der von mir gestellten Fragen beantworten werde, wurde unausgesprochen durch die Aussage, das Bürgerbüro habe meinen Fall nun dem Landratsamt Freising übergeben, verneint.


19.12.2023
Unter Berufung auf die Anordnung des Verwaltungsgerichts Hamburg beantrage ich die Ausstellung eines Personalausweise ohne Fingerabdrücke.


11.01.2024
Mail mit Fragen an die Leiterin des Bürgerbüros


15.01.2024
Schreiben des Landratsamtes Freising, darin der Vorwurf einer Ordungswidrigkeit mit Anhörungsbogen als Anlage. Er sei bis zum 05.02.2024 auszufüllen.


17.01.2024
Im Feld "Angaben zur Sache" des Anhörungsbogens setze ich im Feld "Wird der Verstoß zugegeben" ein Kreuz bei "Nein" und schreibe "Ich verweise auf mein Schreiben an das Landratsamt Freising. Datum 19.12.2023, Betreff: Beantragung eines Personalausweises".


30.01.2024
Um ihr Mandat auszuüben, haben Gemeinderäte bayerischer Kommunen haben folgenden Amtseid abzulegen:

Ich gelobe Treue dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
und der Verfassung des Freistaates Bayern
Ich gelobe den Gesetzen gehorsam zu sein
und meine Amtspflichten gewissenhaft zur erfüllen
Ich gelobe, die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren
und ihren Pflichten nachzukommen.

Der Weg, den ich bis zum 19.12.2023 beschritt, rieb sich mit einem Gelöbnis für "Gehorsamkeit gegenüber den Gesetzen". Mein Ziel im Schriftverkehr mit der Echinger Meldebehörde war, der neuen Pflicht nicht zu entsprechen ohne zugleich ein Zeichen zu setzen, dass das zugrunde liegende Gesetz fragwürdig ist und es für mein Empfinden dem Artikel 1 des Grundgesetzes entgegensteht. Allerdings verweigerte sich diese Behörde der Kommunikation und zeigte sich schließlich repressiv. In der aktuellen Situation obläge es ihr, zum Spruch des Verwaltungsgerichts Hamburg Stellung zu beziehen, was bis heute (Stand 05.02.2024) ebenfalls nicht geschah. Angesichts dieser Umstände drängte es mich, der Vereidigung eine Erklärung voranzustellen und ich wandte mich in einer Mail folgenden Wortlautes an den Bürgermeister:

Date: Tue, 30 Jan 2024 12:10:52 +0100
From: Markus Hiereth 
To: Sebastian Thaler
Subject: zweiminütige Erklärung

Sehr geehrter Herr Thaler,

ich bitte in der heutigen Gemeinderatssitzung vor der Vereidigung die
untenstehende zwei Minuten beanspruchende Erklärung abgeben zu dürfen.

Die Vereidigungsformel habe ich mit der Formulierung "Ich gelobe"
auswendig gelernt und verzichte auf eine Verknüpfung mit einem
religösen Bekenntnis.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Hiereth

---------------------------------------------------------------------

In der Vereidigungsformel ist vom Grundgesetz und von den Gesetzen die
Rede. Daher an dieser Stelle eine Erklärung.

Mit "Die Würde des Menschen ist unantastbar" beginnt das
Grundgesetz. Ich gehöre noch einer Generation an, für die die Abnahme
von Fingerabdrücken mit Vergehen und Kriminalität zusammenhängen.

Zu den Gesetzen gehört das Personalausweisgesetz mit seiner neuen
Fingerabdruckpflicht. Mein Personalausweis ist abgelaufen. Ich kann
lesen, ich weiß das.

Ein Akteur auf diesem Gebiet ist auch die Gemeinde, konkret "die
Meldestelle", die mit "Bürgerbüro" angesprochen werden will. Mit ihr
habe ich seit einiger Zeit zu tun. Was ich von ihr zu lesen bekomme,
sind Schreiben mit dem Satz "Für Rückfragen stehen wir gerne zur
Verfügung."

Allerdings kommen auf Rückfragen nie Antworten. Dass es gar keine
Vorschrift gibt, aufgrund der Gemeindebürger aufzufordern sind, einen
neuen Personalausweis zu beantragen, erfährt man nur, wenn man selbst
ins Rathaus geht und die Absenderin der Schreiben nach Grundlagen
ihres Handelns fragt.

Um zum Ende zu kommen:

Ich habe im Dezember letzten Jahres einen Personalausweis ohne
Fingerabdrücke beantragt. Ich berufe mich dabei auf eine Anordung des
Verwaltungsgerichts Hamburg,

Die Gemeindeverwaltung hat im Januar ein Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet.

Bislang bleibt die Gemeindeverwaltung auf ihrem Kurs, nichts
schriftlich zu erklären. Aktuell ist die Frage offen, ob der Spruch
eines Hamburger Gerichts von der Verwaltung einer Gemeinde in Bayern,
konkret, unserer Gemeinde Eching respektiert wird.

Wer besagten Schriftverkehr nachlesen mag, kann das. Den
Fraktionssprechern und Pressevertretern habe ich dazu einen Link auf
einem Kärtchen gegeben. Wer sich sonst mit dem Schriftverkehr und
Hintergründen befassen mag, findet eine Karte mit diesem Link am
Saalausgang vor.
  

Dieser Bitte hat der Bürgermeister entsprochen. In der Sitzung erwiesen sich einzelne Ratsmitglieder als nicht willens, zwei Minuten zuzuhören und sich daraufhin vielleicht ein paar Gedanken zu machen.

Links

  1. https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/christian-lindner/fragen-antworten/572669
  2. https://www.br.de/mediathek/podcast/radiofeature/verraeterische-daten-doku-ueber-die-gefahren-von-biometrie/1920630
  3. https://media.neuland.br.de/file/1920630/c/website/verraeterische-daten-doku-ueber-die-gefahren-von-biometrie.mp3
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Chilling_effect
  5. https://digitalcourage.de/pressemitteilungen/2023/vg-hamburg-bezweifelt-rechtmaessigkeit-der-fingerabdruckpflicht
  6. https://digitalcourage.de/blog/2021/fingerabdruecke-klage-juristische-argumentation
  7. https://www.deutschlandfunk.de/staatliche-ueberwachung-befallen-vom-ueberwachungsvirus-100.html