Radio Lora, München
Markus Hiereth
© Markus Hiereth
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1211es51
24.12.2012

AKKU, AUTO, STROM UND SPEICHER

Sendungseröffnung

In der letzten Woche vor Weihnachten behandelte die Bundesregierung den Sachstand bei der Energiewende. Mit Windparks auf See können die Atomkraftwerke planmäßig abgeschaltet werden. Doch das Anzapfen von Naturkräften fernab der Verbraucher zwingt, neue, weitreichende Verteilungs-Strukturen zu schaffen. Das Konzept der Bundesnetzagentur sieht drei, zusammen 2800 Kilometer lange Stromtrassen von Nord nach Süd vor. Bis 2022 sollen sie geschaffen sein. Nicht jeder ist überzeugt. Es heißt, die Planungen trügen deutlich die Handschrift Eon, RWE, Vattenfall und EnBW. Das Ganze sichere dem Stromriesen-Quartett nicht zuletzt die Geschäfte in den kommenden Dekaden. Dezentral gewonnene regenerative Energie sei die bessere Wahl. Allerdings kommen Sonne und Wind nicht auf Bestellung. Unabwendbar sind Schwankungen der Erzeugung, die entweder mit Speichern oder doch überregionale Verteilung auszugleichen sind. Über einzelne Elemente für Lösungen vor Ort möchte ich, Markus Hiereth, Sie in der kommenden Stunde auf Lora München orientieren: Wo steht die Entwicklung von Stromspeichern? Wieviel Solarstrom vertragen die Netze? Werden neue Strom-Verbraucher, nämlich Elektroautos, zurecht als Bestandteil einer Lösung propagiert? Um einen eigentlich verlässlichen Stromlieferanten soll es allerdings zu Beginn gehen. Ich besuchte in Feldafing die Firma Smart Hydro Power. Ihre Kleinstwasserkraftwerke sollen sich für Siedlungen abseits von Stromnetzen, auf allen Kontinenten bewähren.
Paul Weller (2008) Song for Alice

Im Prinzip findet man Strom aus regenerativen Quellen, aus Sonne, Wind und Wasser nach wie vor gut. Gestritten wird jedoch um sie, weil ihre Einführung nicht billig kommt. Anderswo gibt es keine alten und neuen Technologien, sondern gar keinen Strom. Oder Stromerzeugung, die eher ein Behelf ist, vielleicht mit einem Diesel-Generator, ohne den es kein Licht und Kühlung für Medikamente gäbe. Speziell abseits der Netze können Systeme, die aus Wind und Sonne Elektrizität machen, punkten. An Flüssen können Wasserkraftwerke betrieben werden. In Feldafing am Starnberger See hat die Firma Smart Hydro Power ein Wasserkraftwerk konstruiert, welches nicht Bauwerk, sondern Gerät ist. Ich verschaffte mir eine Anschauung davon.
In Feldafing am Starnberger See entstehen Kraftwerke, die zur Stromerzeugung nur in den Fluss hängen muss. Bilder und weitere Informationen gibt es im Internet unter www.smart-hydro.de.
Paul Weller (2008) Cold Moments - Teil 1
Gemeinsam mit der Electronica belegte Mitte November eine zweite Ausstellung die Hallen der Münchner Messe. Eine enge Abhängigkeit besteht zwischen den Produkten, um die es in beiden Ausstellungen ging: Ohne Strom ist jedes elektronische Gerät nutzlos. So braucht jedes, das nicht am Netz betrieben wird, eine Batterie oder einen Akku. Weil diese so allgegenwärtig sind - im Mobiltelefon oder dem Notebook - meint man, die Weiterentwicklung erfolge in der Industrie. Zumal die Ziele so klingen ...
In einer späteren Sendung möchte ich die Frage nach dem Recycling ausgedienter Batterien wiederaufnehmen. Gebrauchte Auto-Akkus sollen einem Artikel des Münchner Merkur zufolge noch als Haus-Speicher für Solarstrom gute Dienste tun. Der Vorschlag, zwischen den dereinst fahrenden Elektroautos und dem Stromnetz eine Brücke zu schlagen, wird in dieser Sendung nochmal aufgegriffen. Denn prinzipiell leuchtet der Vorschlag ein, Energie je nach Nachfrage und Angebot zwischen Fahrzeugbatterien und Stromnetz auszutauschen. Was halt man auf der Seite des Stromnetzes von diesem Vorschlag? An der Technischen Universität München sprach ich mit zwei Doktoranden vom Fachbereich für Elektrische Energieversorgungsnetze darüber. Zunächst jedoch Musik
Paul Weller (2008) Cold Moments - Teil 2

Steckdose statt Zapfsäule

Am Fachbereich Elektrische Energieversorgungssysteme der TU München entstehen Doktorarbeiten zu Themen, die engen Bezug zur künftigen Gewinnung und Verwendung elektrischer Energie aufweisen: Martin Lödl widmete sich der Frage, inwieweit typische Ausschnitte des deutschen Stromnetzes die Energie regenerativer Erzeuger aufnehmen und verteilen können. Georg Stöckl untersucht, welchen Anforderungen die Strominfrastruktur genügen muss, wenn dereinst nicht Elektroautos, sondern Benziner Raritäten auf deutschen Straßen darstellen. Ihn fragte ich zum Einstieg, was eigentlich gewonnen ist, wenn Elektromotoren auch den Straßenverkehr antreiben, ...
mh0000 Leuchtet ihnen das ein, dass man mit Elektroautos etwas Zukunftsfähiges auf die Straße bringt? Energie brauchen Benzin- und Elektroautos in gleichem Maße. mh0022 Wir müssen Energie bereitstellen für Mobilität und die Mengen sind ja eigentlich nicht abhängig von der Motorentechnik. gs0047 Das kann man so pauschal nicht sagen. Das hängt ab davon, wo die Energie herkommt. Zum anderen haben Sie im Elektromobil einen viel effizienteren Umwandlungsprozess. mh0101 Also leuchtet Ihnen das schon ein. gs0107 Es hat auf jeden Fall Potential. Inwieweit sich Elektrofahrzeuge durchsetzen werden, ist natürlich noch offen. Das hängt von mehreren Faktoren ab. Die Speicher sind zum Beispiel sehr kritisch: Die Kosten, die Lebensdauer. Da gibt es noch viel zu verbessern und weiterentwickeln. Da muss man schauen. mh0138 Was sind die Kernfragen, mit denen Sie sich befassen, an Ihrem Arbeitsplatz. gs0145 Ich beschäftige mich mit der Netzintegration von Elektrofahrzeugen. Ich schaue, was bedeutet es für die Versorgungsnetze, wenn die Elektrofahrzeuge über das Netz geladen werden. Im ersten Schritt bedeutet es eine Zunahme des Verbrauchs, da schaue ich, 'Kommt es zu einer Überlastung der Netze? Werden die Betriebsmittel überlastet? Wie sieht es mit der Spannungsqualität aus?' Beispielsweise mit Oberschwingungsgehalt. Und im nächsten Schritt versuche ich dann, Überlastungen zu minimieren, indem ich die Fahrzeuge in Anführungszeichen 'intelligent' lade, das heißt, indem ich versuche, die Ladeprozesse so zu steuern, dass die Netze möglichst gering belastet werden. mh0247 Was bringt so ein Auto neues hinein in ein Stromnetz? Wieso besondere Problematik? gs308 Also in erster Linie stellt so ein Fahrzeug nur eine zusätzliche Last dar. Das hängt jetzt natürlich davon ab, mit welcher Leistung man die Fahrzeuge lädt. Momentan sind die diskutierten Ladeleistungen 3,7kW, das wäre dann einphasig mit 16 Ampere, und 11 kW, das wäre dreiphasig, und das stellt halt schon eine recht hohe Last dar. Und wenn man sich vorstellt, die meisten kommen nach der Arbeit zwischen fünf und acht Uhr heim, und wenn dann alle ihr Elektrofahrzeug anstecken, kann das zu sehr hohen Lastspitzen kommen. mh0421 Sind es dann auch Antworten, die man zu liefern hat? gs0435 Natürlich. Wir schauen uns die Probleme an, die entstehen und versuchen dann auch Lösungen zu ermitteln. Beispielsweise im Fall Elektrofahrzeug gesteuerte Ladestrategien. mh0453 Das ist, was mich interessiert. Wir haben ja die Problematik, dass wir unseren Strom mit Wind und Sonne erzeugen wollen und keine Kontrolle darüber haben, wann er anfällt. Kommt man von dieser Problematik auf die Autobatterie auf irgendeine Weise? gs0542 Ich denke schon. Diese Elektrofahrzeuge sind eine steuerbare Last. Wenn man angibt, dass man zu diesem Zeitpunkt wieder losfahren möchte, dann hat man eine Zeitspanne, in der man das Auto laden kann. [...] Man kann sich dann einen Zeitpunkt aussuchen, zu dem es wirklich geladen wird. Da gibt es mehrere mögliche Steuergrößen. Da könnte man es preisbasiert laden lassen, das heißt, wenn der Strom günstig ist. Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn man im Niederspannungsnetz lokal regenerative Erzeugungsanlagen hat, beispielsweise PV-Anlagen oder ein BHKW-Kraftwerk, dass man bei Überproduktion dieses Fahrzeug lädt.
Lora-Promo - Förderverein 3,33 Euro

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Alte Netze und erneuerbare Energien

Nach Bereichen im Netz, wo die Mengen von Solar- und Windstrom nicht mehr aufgenommen werden können, hat Martin Lödl gesucht. Er sammelte Daten für typische Strukturen: Stadtnahe Siedlungen, Dörfer, Areale mit verstreuten Gehöften. Er verglich die prinzipiell aufgrund der Dachflächen gewinnbare Energie mit dem örtlichen Verbrauch und der Transportkapazität eines Netzes, das ursprünglich nur zur Versorgung ausgelegt war. Zumindest in stadtnahen Siedlungen und Dörfern zeichneten sich Probleme, die Netzanpassungen verlangten, nicht ab. Martin Lödl über Methodik und seine weiteren Befunde.
ml1214 Wir verwenden Messdaten und reale Verteilnetzstrukturen für unsere Modelle. Speziell, wenn wir in den ländlichen Bereich gehen: Dünn besiedelte Strukturen, große landwirtschaftliche Gebäude, dort sind viele Dachflächen vorhanden, die für Photovoltaik verwendet werden können. Zudem sind in diesen Bereichen vielleicht auch noch Blockheizkraftwerke installiert, die Energie einspeisen wollen und da geraten die Netze relativ schnell an ihre Grenzen. ml1255 Gerade im ländlichen Bereich können vielleicht ein Drittel bis ein Viertel der möglichen Dächer mit Photovoltaikanlagen bestückt werden, bevor das Netz hier an seine Grenzen stößt und da sind wir eigentlich schon seit längerem dran, teilweise auch schon drüber und die Netzbetreiber müssen agieren, um diesem PV-Zubau nachzubauen, um Probleme Netz zu vermeiden. mh1323 Und in den anderen Bereichen, die sie anführen, schaut es besser aus. ml1331 Da sieht es besser aus. Speziell wenn wir in Großstädte gehen, Stadtkerne, sind viele Verbraucher, viele Wohnungen, Industriebetriebe, Büros, gegenüber einer relativ kleinen Dachfläche. Das heißt, die Energie die dort erzeugt werden könnte, kann direkt verbraucht werden, ohne dass Probleme im Netz entstehen.
mh1407 Was dieses Jahr in Gesetz gegossen wurde, ist eigentlich eine globale Steuerung: Bitteschön nicht mehr soviel Photovoltaik und auch nicht mehr so viel Wind. Das hat also nicht die Gezieltheit, die man fordern müsste, um Ihre Ergebnisse zu verwerten. ml1442 Ja, das eine ist eine Zustandsermittlung, wieviel können die Netze aufnehmen, das andere ist das Ziel einer möglichst hohen Versorgung aus erneuerbaren Energien. Jede neue Photovoltaikanlage erzeugt erneuerbaren Strom und vermeidet so Produktion aus konventionellen Kraftwerken, Kohle- oder Atomstrom. Somit ist es per se durchaus sinnvoll, weitere Anlagen zuzubauen. Aus Sicht des Netzes entstehen immer weitere Probleme. Da sind die Netzbetreiber in der Pflicht, diese Probleme zu vermeiden. Sei es durch Netzausbau oder durch intelligente Maßnahmen. mh1529 Und plötzlich fragt sich, wer sie zahlen soll, denn möglich ist es. ml1533 Möglich ist es und es ist auch notwendig. Die Netzbetreiber sind in der Pflicht, neue Anlagen anzuschließen und der Ausbau wird [von] allen Verbrauchern über die EEG-Umlage ausgeglichen.
Lora-Senderkennung - Freiheit on air

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Stromspeicher - im Keller und auf Rädern?

Auf die Energiewende verwendet Lora München die laufende Sendestunde. Ich, Markus Hiereth, sprach an der TU München mit zwei Ingenieuren der Elektrotechnik. Damit, dass zusätzlich zu Mitteln für Windräder und Solaranlagen auch Geld für Anpassungen der Strom-Infrastruktur aufgebracht werden muss, schloss Martin Lödl eben. Darum, wer was tun kann, dreht sich mein Gespräch mit ihm im nächsten Block.
ml1619 Einerseits ist die fluktuierende Einspeisung das Problem. Nachts können die Photovoltaikanlagen keinen Strom erzeugen. Tagsüber kann die Leistung auch innerhalb von kürzester Zeit auf Null runter gehen. Wenn Regenwetter auftritt. Das gleiche ist beim Wind. Es kann eine Flaute auftreten. Die können zwar vorhergesagt werden, aber die Höhe der Einspeisungen unterliegen großen Schwankungen. Da muss agiert werden. mh1700 Da gibt es eine Antwort von Herrn Hamacher beispielsweise: 'Große Netze aufbauen, weil irgendwo in Europa scheint die Sonne immer.' Ist das die Lösung? ml1714 Das ist eine Lösung, aber sicher nicht die Lösung. Wenn sie Strom transportieren, haben sie lange Strecken dazwischen und Verluste und um das im großen Stil zu betreiben, haben sie hohe Kosten.
mh1747 Die Alternative ist, den Strom zu puffern. Können sie da Zahlen nennen, wie groß Speicher im Verhältnis zu Anlagen sein sollten? Da hat jemand eine 5-Kilowatt-Anlage auf dem Dach. Wie groß müsste sein Speicher sein, um die Spitzen abzupuffern? ml1022 Der typische Haushaltsstromverbrauch ist bei 10 Kilowattstunden pro Tag, davon ungefähr 2/3 tagsüber, 1/3 in der Nacht. ml1815 Mit einer 5 kW Anlage könnten Sie sich durchaus selbst versorgen, wenn Sie sich einen Speicher mit circa zehn Kilowattstunden in den Keller stellen. Diesen können Sie tagsüber, wenn sie ihre Peak-Produktion und wenig Verbrauch haben, aufladen und in den Nachtstunden entladen und der reicht ihnen, um sich für einen oder mehrere Tage selbst zu versorgen. Für den Winter, wenn die Anlage schneebedeckt ist, sind diese Anlagen nicht gedacht. mh1850 Was für Kosten stecken da drin. Wie könnte man die Leute dazu bringen, dass sie es dann auch realisieren. ml1900 Die Kosten sind das große Problem. Wir reden von bis zu 1000 Euro pro Kilowattstunde. Das sind schnell Kosten, die höher sind als die der Anlage auf dem Dach. Es werden verschiedene Fördermöglichkeiten diskutiert: Eine Umlage über alle Netzbetreiber, eine Investitionsanreiz-Förderung. Aber im Moment ist noch nichts beschlossen.
Wenn nun diese Energiespeicher so kostspielig sind, liegt nah, sich ihrer zu verschiedenen Zwecken zu bedienen. Damit kommen wir zurück zur den Elektrofahrzeugen. Zumal die typischen Kapazitäten, die Georg Stöckl für deren Akkus nennt, das Doppelte bis Vierfache dessen sind, was eben Martin Lödl als vernünftigen Haus-Strom-Speicher angab.
gs0911 Das ist stark abhängig vom Fahrzeug. Es gibt Hybridfahrzeuge, die auch noch Verbrennungsmotor haben. Da gibt es unterschiedliche Stufen, je nach Elektromotor, bis hin zu vollen Elektrofahrzeugen. Dann sind Speicher von 20 bis 40 kWh sinnvoll.
Ein riesiges Reservoir hätte man, wenn die Zahl der Fahrzeuge in Deutschland bliebe wie heute. In Millionen von Autos steckten Gigawattstunden von Energie. Trotzdem glaubt Georg Stöckl nicht, dass, sobald privater und öffentlicher Parkraum mit Kabeln zum Hin- und Herladen versehen ist, das Speicherprobleme gelöst ist.
gs1947 Ich wollte sagen, dass ich das eher problematisch sehe, dass man mit den Elektrofahrzeugen auch wieder ins Netz zurückspeist. Weil dadurch kommt es zu zusätzlichen Ladezyklen, dann schreitet die Alterung im Speicher voran und senkt die Lebensdauer des Speichers. mh2023 Gehört da nicht eine Menge Intelligenz dazu, die vorhandene Batteriekapazität vernünftig einzubinden? Eigentlich müsste man sagen: 'Ich lasse ihn halb voll, dann ist eine Entladung und eine Nachladung zulässig. Dann nutzt er dem Netz etwas. Denkt man in die Richtung? gs2020 Wie gesagt. Ich bin der Meinung, dass es sich innerhalb der nächsten paar Jahre nicht rentieren wird, dass man mit dem Elektrofahrzeug zurückspeist. Was auf jeden Fall sinnvoll ist, ist, dass man den Ladeprozess steuert, also den Moment, in dem man anfängt, das Fahrzeug zu laden. Die Speicher sind im Fahrzeug momentan mit Abstand die teuerste Komponente.
mh0840 Auf welchem Weg würden denn die Informationen über den Netzzustand erhalten? ml0837 Das ist momentan Teil der Forschung. Es gibt verschiedene Kommunikationwege. DSL, Mobilfunk, Powerline, das heißt, das Energieversorgungsnetz wird verwendet, um die Information zu übertragen.

Auf der Spur der Energie

mh2614 Wenn man jetzt schwankende Energie einspeisen möchte, und der Verbrauch ist ja auch schon immer schwankend gewesen, muss man den Netzzustand kennen und jetzt frage ich mich, welche Gerätschaften sind eigentlich notwendig, damit ich weiß, wo Elektrizität gebraucht wird und wo sie überschüssig anfällt. Was sind das eigentlich für Komponenten, die ich einbauen müsste oder die vielleicht aus anderen Gründen heute schon drin sind? ml2648 Da sind zwei Kriterien ausschlaggebend für den Netzbetreiber: Das eine ist die Höhe der Spannung, die sie messen können und die Frequenz, mit der der Strom seine Richtung ändert. In Deutschland haben wir hier 50 Hertz, der Strom ändert 50 mal in der Sekunde seine Richtung. Je mehr Leistung sie dem Netz entnehmen, desto niedriger wird die Spannung und in Extremfällen wird auch die Frequenz geringer. Das sind zwei Kriterien, die die Netzbetreiber überwachen. Die Spannung muss am Ort überwacht werden, die Frequenz ist im gesamten System gleich und kann im gesamten System überwacht werden. Wenn ein Rückgang der Frequenz erkannt wird, heißt das, die Last ist zu hoch, ich muss Energie anderweitig bereitstellen. Dieser Prozess ist autonom, der ist in die Kraftwerksregelungen implementiert, der funktioniert selbsttätig. Sobald ein Frequenzrückgang detektiert wird, versuchen die Kraftwerke ihre Leistung zu erhöhen und Energie in das Netz einzuspeichern. Das geht auch auf der anderen Seite: Wenn zuviel Leistung im Netz ist, werden entweder zusätzliche Lasten zugeschaltet, um die Leistung abzunehmen, oder die Leistung wird reduziert.
mh2801 Also ist es tatsächlich so: Ein Generator ist ein drehendes Teil, wo jemand kurbeln muss, wo ein Esel rundlaufen oder ein Wasserrad, und wenn ich auf der anderen Seite ordentlich Elektrizität abziehe, spürt der Generator das und wird langsamer und die Frequenz wird niedriger. Ist es wirklich so zu beschreiben? ml2832 Es ist tatsächlich so. Ein Sprung in der Last ist systemweit, das heißt europaweit detektierbar und man kann Maßnahmen einleiten, um dem entgegenzuwirken. ml2852 Das ist aber nur das eine Kriterium. Das zweite ist die Spannung vor Ort. Die wird in der Regel gemessen im Transportnetz, im Übertragungsnetz in der Höchstspannungsebene, teilweise noch in der Mittelspannungsebene. In den Verteilnetzbereichen, an den Hausanschlüssen wird aber nicht mehr gemessen. ml2919 Die Netzbetreiber verlassen sich hier auf ihre Erfahrung und ihre Netzauslegung und hoffen, dass ihr System funktioniert. Wenn wir aber zunehmend dezentrale Anlagen haben, die Einfluss nehmen auf die Spannung und die Last, dann müssen einfach intelligente Geräte installiert werden, die zusätzlich die Spannung überwachen und in ihren Grenzen halten um Grenzwertüberschreitungen zu vermeiden.
mh2954 Das heißt, Information an variable Verbraucher geben: Jetzt abschalten und wiedereinschalten, wenn ich was anbieten kann. ml3003 Die Spannung kann über den Verbrauch in das Netz geregelt werden. Es gibt aber auch intelligente Steuerungsmaßnahmen. Zum Beispiel kann ein Photovoltaikwechselrichter begrenzt Einfluss nehmen auf seine Spannung vor Ort und versuchen, die in gewissen Maßen zu steuern. Die Technologie ist entwickelt und erprobt und wird in den nächsten Jahren eingesetzt werden. mh3030 Das verstehe ich jetzt nicht. Er müsste doch mit 220 Volt einspeisen, um am Netz teilnehmen zu können. ml3036 Die Netzspannung sind 230 Volt beziehungsweise 400 Volt im Drehstromsystem. Die Nennspannung im Netz ist 400 Volt, bei einphasigen Hausanschlüssen sind das 230 Volt Phase gegen Erde. Diese Spannung ist aber nicht konstant. Sie schwankt über den Tag und es gibt Grenzwert, die eingehalten werden. Die Spannung darf maximal zehn Prozent höher oder niedriger sein. Wenn zuviele Photovoltaikanlagen gleichzeitig einspeisen, an einem schönen sonnigen Sonntag und wenig Last ist, dann steigt die Spannung an. Sobald Grenzwerte überschritten werden, müssten eigentlich die Wechselrichter abschalten und dürften nicht mehr einspeisen. Neue Technologien gehen aber davon aus, dass, sobald ein Anstieg der Spannung detektiert wird, wird versucht, diese Spannung selbsttätig zu reduzieren, um in den Grenzwerten zu bleiben um weiterhin einspeisen zu können. Um weiter Anlagen ohne Netzausbau anschließen zu können. mh3230 Also ist es ein elastisches Produzieren, ein Erkennen der Netzsituation am Einspeisepunkt. ml3221 Genau. Die Wechselrichter messen die Netzbedingungen vor Ort und können darauf reagieren. mh3230 Werden diese Teile jetzt schon verkauft oder braucht es dazu einen schlauen Minister, der sagt, 'Jetzt nur noch dieses Zeug kaufen beziehungsweise verkaufen.' ml3240 Die Technologie ist seit mehreren Jahren entwickelt und wird teilweise schon von den Netzbetreibern gefordert. Blindleistungsregelung. Cosinus phi, das ist der technische Begriff dazu.

Die großtechnischen Vorschläge

Irgendetwas tut sich also nah an der Basis, und womöglich weil dieser Cosinus Phi nicht für Talkshows und Parlamentsansprachen taugt, hätten wir es fast nicht mitbekommen. Bei den Hochspannungstrassen ist das gleich was anderes. Deren Wichtigkeit erschließt sich schon begrifflich: "Stromautobahnen" sind das, selbst wenn noch keiner erklärt hat, wie später die Gondeln für die Autos einzuhängen sind. Um sie gibt es Disput und Argwohn: Spricht sich die Bundesregierung für sie aus, weil die etablierte Stromwirtschaft es ihr eingeblasen hat? Wie kommentiert einer, der die Potentiale regenerativer Stromerzeugung vor Ort als nicht ausgeschöpft ansieht, diese großen Lösungen und eine großtechnische Alternative wie die Wasserstofftechnologie, von der aus es nicht mehr weit ist zur Erdgaswirtschaft, in der vieles eingerichtet, verfügbar und bewährt ist: Fernleitungen, unterirdische Speicher, Fahrzeugmotoren, Kraftwerksturbinen und Gebäudeheizungen.
ml2444 Ich denke aber, wir werden uns in Zukunft nicht auf eine einzige Speichertechnologie beschränken, sondern wir werden einen Mix von Speichertechnologien haben und je nach Einsatz die jeweilige Technologie favorisieren. mh2457 Also sie sagen, beide Wege einschlagen: Investieren in große Elektrolyseeinrichtungen, die an Offshore-Windanlagen gekoppelt sind und den Wasserstoff konvertieren in Methan und dann ins Erdgasnetz einspeisen. Als Ergänzung zu den Hochspannungs-Übertragungsleitungen. ml2531 Das ist ein sehr sinnvoller Einsatz. Das Erdgasnetz ist in Deutschland sehr gut ausgebaut und man kann es als Puffer verwenden und auch zur Verteilung. ml2543 Sie können Energie in Norddeutschland einspeisen und an anderen Orten entnehmen und entweder zurückverstromen oder zu Heizzwecken verbrennen.
Allerdings, so, wie die Umsetzung anstehender Aufgaben derzeit politisch vereinbart wird, begründet es Zweifel, ob die privaten Netzbetreiber dabei eine Hilfe und einen Partner darstellen. Zwar erklären sie sich bereit, Infrastrukturen zu schaffen. Wegen des wirtschaftlichen Risikos jedoch, also etwaigen Mehrkosten und Verzögerungen, die es mit Windanlagen oder Kabeln in der Nordsee geben könnte, tritt man in Verhandlungen mit der Politik und ringt ihr staatliche Haftungszusagen ab. Wirtschaftsfreundliche Beobachter diagnostizieren, für ein Unternehmen wie Tennet seien die Aufgaben zu groß. Andere fragen, ob diese Infrastrukturen nicht besser gleich staatlicherseits geschaffen werden: So und so schultern die Bürger das Risiko und einige komplizierte Verträge bräuchten dann von vornherein nicht ausgehandelt werden. Obendrein sind die Übertragungsleitungen Infrastrukturen, die man kein zweites Mal bauen mag, wenn ein künftiger Eigner sein Quasimonopol auszunutzen beginnt. Nicht vergessen sind die Streitigkeiten um "angemessene" Durchleitungs-Entgelte.
Verhandlungspartner, im Neusprech ja gern "Player" genannt, verhalten sich in der Tat wie solche. Die Karten in Zusammenhang mit solchen Projekten und dem Betrieb offen auf den Tisch zu legen, kann für einen "Spieler" nur falsch sein. Und, wo nach einer Privatisierung vorbeugend gegen Monopol- und Kartellbildung Geschäftsfelder nicht mehr von einen Unternehmen gleichzeitig beackert werden dürfen, werden aus technischen Betriebs-Daten Unternehmens-Interna. Eine Gesamtschau auf Stärken und Schwächen der Strom-Infrastruktur wird so unmöglich.
Lora-Senderkennung - Kein Kommerz auf Megahertz

Von Stromflitzern noch nicht elektrisiert

Zurück von der Netzinfrastruktur zum Straßennetz. Elektroautos fallen auch 2012, drei Jahre nach Verabschiedung eines "nationalen Aktionsplanes Elektromobilität" nicht auf. Martin Lödl konnte immerhin schon eines fahren und meint, die Zurückhaltung liegt ...
ml3543 am Fahrgefühl aus meiner Sicht nicht. Die Erfahrungen sagen, dass sich Elektroautos sehr komfortabel fahren lassen. Sie stehen an der Ampel, die wird grün, ... Sie sind in kürzester Zeit auf 50 Stundenkilometer. Sie können durch die Stadt gleiten, lautlos. Und wenn sie bremsen, wird die Bremsenergie wieder verwendet, um die Batterie aufzuladen und beim nächsten Startvorgang zu beschleunigen. mh3626 Ein Opel Ampera ist seit einem halben Jahr auf dem Markt. Man sieht trotzdem keinen auf den Straßen. gs635 Das liegt sicher am Preis. Ich bin nicht sicher, was der kostet, 40000 Euro; in dem Preissegment ist der Preis einfach zu hoch und wahrscheinlich auch die Unsicherheit, wobei das bei einem Ampera nicht das Problem sein sollte, weil man ja einen sogenannten Range-Extender hat, das heißt, einen Verbrennungsmotor, mit dem man dann die Batterie auflädt, wenn die leer ist. mh3707 Ich bin gar nicht so informiert, wie die Anbindung funktioniert. gs3727 Das passt zusammen. Sie haben im Fahrzeug ja einen Gleichrichter, der den Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt. Der Motor wird ja auch mit Wechselstrom betrieben. Da wird die Energie aus der Batterie wechselgerichtet und dem Motor zur Verfügung gestellt. ml3826 Eventuell bräuchten Sie eine Starkstromsteckdose in der Garage, um das Auto aufzuladen.

Sendungsabschluss

Und vielleicht auch erste Ladestationen in Parkhäusern und auf Firmenparkplätzen. Wir sind damit am Ende einer Stunde rund um regenerativen Strom, seine Gewinnung, seine Speicherung und seine Verteilung. Meine Gesprächspartner waren Tina Di Sano von Smart Hydro Power in Feldafing und von der Technischen Universität München Stefan Krug, Georg Stöckl und Martin Lödl. Die musikalischen Einstreuungen stammten von Paul Wellers CD "22 Dreams" und das gilt auch für den letzten Titel, "Empty ring". Als Autor und Redakteur am Mikrofon verabschiedet sich Markus Hiereth.
Paul Weller (2008) Empty Ring