Markus Hiereth
Günzenhausen, Am Hang 14
85386 Eching
Herrn
Hans-Ulrich Pfaffmann
Maximilianeum
81627 München
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Pfaffmann,
nach Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses für eine 3. Startbahn am Münchner Flughafen gaben Sie am 28. Juli 2011 in der Radiowelt am Morgen auf Bayern 2 ein Interview. Gefragt nach der Haltung der SPD München verknüpften Sie die Zustimmung zum Projekt an folgende Bedingungen:
In Hinblick auf die Fakten halte ich diese in den Raum gestellten Bedingungen für inhaltsleer, ...
Schließlich möchte ich zur Wirtschaftlichkeit der 3. Startbahn auf einen Diskussionsbeitrag des früheren Leiters des Betriebsbüros der Deutschen Flugsicherung am Münchner Flughafen, Dieter Flatau hinweisen. Er erklärt darin, dass mit dem Bau einer 3. Startbahn überhaupt nicht die Kapazität von 2+1 Startbahnen erreicht wird: Denn der entsprechende Luftraum ist nicht erweiterbar, Einflug- und Abflugsektoren müssten mithin enger zugeschnitten werden. Beim Betrieb einer dritten Bahn wird es aus Sicherheitsgründen nötig, die Flugbewegungen auf allen Bahnen aufeinander abzustimmen und hieraus folgt eine Minderung der Kapazität auf den zwei vorhandenen Pisten. Des weiteren stellt sich ihm die Frage, was es soll, dass überall in Deutschland Flughäfen im Ausbau begriffen sind und untereinander - eine von den verantwortlichen Politikern häufig unterstützte - Konkurrenz veranstalten. Von der Politik jedoch fordert Dieter Flatau das Gegenteil, nämlich das ordnende Eingreifen, Koordination.
Wegen der Punkte 1 und 2 habe ich versucht, Ihre Telefonsprechstunde von 19.9.2011 als Gesprächsmöglichkeit zu nutzen. Ihre Mitarbeiterin signalisierte, dass diese Sprechstunde nur für Bürger Ihres Stimmkreises gedacht sei. Tatsächlich erfolgte kein Rückruf unter der hinterlassenen Telefonnummer.
Ich sehe mich daher genötigt, Sie auf diesem schriftlichen Wege aufzufordern, die in 1 und 2 angeschnittenen Eckpunkte der Münchner SPD zur Startbahnfinanzierung zu erläutern. Des weiteren bitte ich um Antwort auf Fragen 3 bis 6. Ich werde meine Fragen mittels Internet veröffentlichen und werde dies auch mit Ihren Ausführungen so halten.
Abschließend sei angemerkt, dass ich keineswegs Betroffener einer Flughafenerweiterung bin. Mein Wohnort liegt bereits in einem Flugkorridor, nämlich dem der südlichen Start- und Landebahn.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Hiereth
Antwort von Hans-Ulrich Pfaffmann
Sehr geehrter Herr Hiereth,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich folgendermaßen beantworten möchte:
Antwort auf Frage 1:
Die FMG hat zugesichert,
dass die Finanzierung ohne Steuergelder zu stemmen ist. Alle
Gesellschafter sind sich in der Frage einig, dass keine finanziellen
Mittel der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden und
folgedessen auch keine Bürgschaften oder ähnliches anfallen. Der
Flughafen wird den Gesellschaftern zeitnah vor dem Baubeginn das
endgültige Finanzierungskonzept vorlegen, erst dann wird auf dessen
Basis über den Bau entschieden. Sollen die Gesellschafter der
Meinung sein, dass der Bau das Unternehmen in eine wirtschaftlich
"ungesunde" Lage bringen und damit die Gefahr bestehen könnte, dass
die FMG die Kredite nicht mehr bedienen könnte, so wird dem Bau
nicht zugestimmt werden.
Antwort auf Frage 2:
Die Stadt München
verzichtet mitnichten auf die Rückzahlung der Darlehen
[1]. Mit Beschluss vom 16.12.2009 hat der Stadtrat
dies ausdrücklich nochmals festgestellt. Die Umwandlung der Darlehen
in Eigenkapital ist somit ausgeschlossen, aber überdies gar nicht
mehr nötig, da der Flughafen diese zur Finanzierung des Baus der
dritten Startbahn nicht benötigt. Im Übrigen werden die Darlehen
seitens der FMG natürlich verzinst [2].
Antwort auf Frage 3:
Die Stärke des
Raums Münchens als Wirtschaftsstandort beruht auf der
Vielseitigkeit der Wirtschaftsstruktur, welche sich aus Unternehmen
aus allen Branchen und Wirtschaftszweigen zusammensetzt, z.B. in
Bereichen Umwelttechnologie, Wissenschaft und Forschung,
Automobiltechnik, Finanz- und Medienwirtschaft sowie dem Tourismus
als bedeutendem Wirtschaftsfaktor innerhalb des
Dienstleistungssektors. Der Flughafen München ist ein
wesentlicher Impulsgeber für den Wirtschaftsraum der
Europäischen Metropolregion München
[3]. Angesichts eines international weitgehend
einheitlichen Infrastrukturniveaus bei industriell geprägten
Wirtschaftsräumen ist die Luftverkehrsanbindung ein wichtiges
Unterscheidungsmerkmal von Regionen. Dies umso mehr, als die
weltweite Vernetzung einen harten Wettbewerb um ansiedlungswillige
bzw. expansionswillige Unternehmen bewirkt hat.
Anhand empirischer Untersuchungen wurde der wirtschaftliche Erfolg von Flughafenregionen nachgewiesen. Danach zeigt sich, dass das Einkommensniveau in Flughafenregionen höher liegt [4] als im jeweiligen Landesdurchschnitt. Ergänzend wurde festgestellt, dass sich das Niveau der Bruttowertschöpfung pro Kopf in den deutschen Flughafenregionen dynamischer als im nationalen Durchschnitt entwickelt.
Zur Erhaltung der genannten Standortvorteile ist die weitere Entwicklung der Drehkreuzfunktion des Flughafens München sinnvoll, um den Münchner und den bayerischen Wirtschaftsraum durch eine Vielzahl von Direktverbindungen mit allen wichtigen Metropolen und Zukunftsmärkten zu verbinden. Damit werden weiterhin die besten Voraussetzungen für ein nachhaltiges und Arbeitsplätze generierendes Wachstum geschaffen. Der Aufbau eines Luftverkehrsdrehkreuzes unterliegt komplexen Strukturen seitens der Luftverkehrsgesellschaften, so dass eine Verlagerung des Luftverkehrsaufkommens nicht ohne weiteres möglich ist.
Antwort auf Frage 4:
Im Unterschied zum Flugzeug ist die Bahn mit Mineralölsteuer belastet, d.h. beim Kerosin wird bislang keine Steuer fällig. Darüber hinaus ist der grenzüberschreitende Flugverkehr im Gegensatz zum Schienenpersonenfernverkehr auch von der Mehrwertsteuer befreit. Dies führt in der Tat zu einer Wettbewerbsverzerrung. So hat ein Fluggast auf einfacher Strecke von München nach Berlin gegenüber dem Bahnreisenden einen steuerlichen Vorteil von rund 25 Euro. Bei einer Bahnreise von Berlin nach Paris und zurück muss der Bahnkunde etwa 59 Euro Mehrwertsteuer entrichten, der Fluggast nicht. Es gab von Seiten der SPD bereits zahlreiche parlamentarische Initiativen, diese Ungleichbehandlungen zu beseitigen und für gleiche Wettbewerbsbedingungen für den Flug- und Schienenverkehr zu sorgen. Zum einen indem auch Flugbenzin mit einer Mineralöl- bzw. Kerosinsteuer belegt wird. Außerdem soll auf Flugreisen ins Ausland Mehrwertsteuer fällig werden. Dafür sollen Bahnreisende entlastet werden, indem der Mehrwertsteuersatz auf Fernverkehrstickets der Bahn reduziert wird. Ein erster Anlauf der Rot-Grünen Bundesregierung zum Abbau der Steuersubventionen im Flugverkehr war 2003 am Widerstand der Unionsmehrheit im Bundesrat gescheitert. Auch die SPD-Landtagsfraktion spricht sich seit Jahren für die Besteuerung von Flugbenzin aus, nötigenfalls auch im nationalen Alleingang.
Antwort auf Frage 6:
Wenn o.g. Ungleichbehandlung von Flug- und Bahnverkehr beseitigt wäre, würde bereits der verkehrliche Wettbewerb zu einer Regulierung führen und dafür sorgen, dass Flugreisen nicht überproportional zunähmen. Die Bedeutung des Münchner Flughafens für die Region München ist davon unbenommen. 10-Euro-Billigurlaubsflüge sind allerdings ökonomisch wie ökologisch und im Interesse der Allgemeinheit schlicht unverantwortlich und mit unseren Klimaschutzzielen unvereinbar.
Zur Ihrer Anmerkung am Ende der Fragen: Tatsächlich ist meine 14-tägige Telefonsprechstunde in erster Linie als Kontaktmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger aus meinem Stimmkreis gedacht, da die Lage meines Büros leider keinen Publikumsverkehr zulässt. Umfassende Anfragen wie die Ihre würden dieses Angebot zeitlich "sprengen". Gerne beantworte ich aber solche Fragen, soweit es mir möglich ist, per E-Mail.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Pfaffmann
Hinweise von Markus Hiereth
Voranstehende Fragen und Antworten sind erschienen in der Themenrubrik "Verkehr und Infrastruktur" des Portals www.abgeordnetenwatch.de